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Bürgermeisterwahlen in Großbeeren: Die Kandidatin Bettina Stobbe im Interview

Fünf Personen stehen am 06. Juni auf dem Wahlzettel in Großbeeren: Martin Wonneberger (CDU), Dirk Steinhausen (WfG), Bettina Stobbe (Grüne), Peter Silke (AfD) und Klaus Meyer (UWG). Unabhängig davon, wer ins Rathaus einzieht, wird die neue Führung vor großen Herausforderungen stehen: Themen wie Vereine, Ehrenamt, Sicherheit, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, soziale Teilhabe für Jung und Alt, generationsübergreifende Projekte sowie die Finanzen der Gemeinde – all diese Punkte sorgten im Wahlkampf für lebhafte Diskussionen. Wir haben vier der Kandidaten zu persönlichen Gesprächen getroffen, um ihre Ziele, Prioritäten und Visionen für ­Großbeeren kennenzulernen und zu ­erfahren, worauf sie sich in ihrer Amtszeit besonders konzentrieren möchten.

Bettina Stobbe absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in Baden-Baden und studierte zunächst im Rahmen eines konzerninternen Bildungsganges Personal- und Organisationsmanagement und später Bildungs- und Sozialmanagement in Koblenz. Sie ist staatlich anerkannte Sozialpädagogin. Sie arbeitete unter anderem als Referentin für den Paritätischen Wohlfahrtsverband Brandenburg e. V. sowie als Referatsleiterin für das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg. Zudem war sie an der Gründung, dem Aufbau und der Geschäftsführung der Kita Sterntaler in Großbeeren beteiligt. Als sachkundige Einwohnerin ist sie Mitglied des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport des Kreistags Teltow-Fläming sowie im Bildungs- und Sozialausschuss der Gemeinde Großbeeren. Bettina Stobbe ist 57 Jahre alt, lebt seit fast 30 Jahren in Großbeeren und kandidiert für Bündnis 90 / Die Grünen. Sie ist verheiratet und Mutter eines erwachsenen Sohnes.

Teltower Stadtblatt Verlag : Warum sind Sie die richtige Bürgermeisterin für Großbeeren?

Bettina Stobbe: Im Vergleich zu den anderen Kandidierenden zeichnen mich zwei Dinge aus. Erstens bin ich der Meinung, dass die Zeit reif ist, dass eine Frau Bürgermeisterin von Großbeeren wird. Zweitens sind es meine Vorerfahrungen, die mich für dieses Amt qualifizieren. Ich war viele Jahre in der Verwaltung tätig, unter anderem acht Jahre als Referatsleiterin im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Zuvor arbeitete ich für einen Wohlfahrtsverband und lernte sozusagen die andere Seite der Verwaltung kennen. Ich weiß also bestens, wie Verwaltung funktioniert, und kenne die Aufgaben, die an eine Hauptverwaltungsbeamtin gestellt werden

Was wollen Sie als Erstes in ­Großbeeren anpacken?

Die Projekte liegen auf der Hand, denn die Gemeindevertretung hat zahlreiche Beschlüsse gefasst, die es umzusetzen gilt. Dies geht auf die Situation zwischen der Gemeindevertretung und dem ehemaligen Bürgermeister, Herrn Tobias Borstel, zurück. Ein Projekt, das sehr viele Menschen in Großbeeren beschäftigt, ist das Thema Grünflächenpflege. Das ist als Symptom Ausdruck einer Unzufriedenheit, hier muss der Streit beigelegt werden. Auch bezüglich der Bau- und Investitionsgebiete müssen schnellstens Entscheidungen getroffen werden. Großbeeren ist eine wachsende Gemeinde.

Wie wollen Sie das soziale Miteinander und die Vereine in der Gemeinde fördern?

Das Gemeinwesen in Großbeeren ist einer meiner Schwerpunkte. Gemeinde kommt von Gemeinschaft. Leider ist in den letzten Jahren, zum Teil auch durch die Corona-Einschränkungen, das Gemeindeleben nicht gut vorangekommen. Viele Vereine beklagen Nachwuchsprobleme, und da will ich ansetzen. Was den Haushalt angeht, steht Großbeeren vor einer herausfordernden Zeit, denn es könnte uns eine Haushaltssicherung drohen. Diese gilt es mit Augenmaß zu begleiten und es ist mein Ziel, freiwillige Leistungen wie unsere Bibliothek oder den Jugendclub, zu sichern. Es sind Orte, die Menschen zusammenführen. Ich möchte einen Begegnungsort in Großbeeren schaffen, an dem alle Generationen zusammentreffen. Grundsätzlich gibt es das schon. Was aber fehlt, ist wirklich ein Ort für alle: Senioren, Familien, Vereine und Jugendliche

Großbeeren ist gemäß der ­Kriminalitätsstatistik eine sichere Gemeinde. Trotzdem gab es immer wieder Berichte über Drogenprobleme. Wie wollen Sie dagegen vorgehen?

In Großbeeren gibt es keine besorgniserregende Situation. Die Situation wird von Fachleuten als normal eingestuft. Für die Hotspots, an denen junge Menschen gefährdet sind, muss jedoch Vorsorge getroffen werden – beispielsweise durch Schulsozialarbeit und Streetworker.

Sie sind Expertin für Kinder- und Jugendhilfe. Wie wollen Sie diese Kategorie in die Gemeinschaft einbinden?

Ich möchte die Mitwirkungsrechte von Kindern und Jugendlichen fördern und stärken. Leider ist es uns in den letzten Jahren nicht gelungen, die Kommunalverfassung sachgerecht umzusetzen und Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Angelegenheiten, die sie betreffen, hinreichend zu beteiligen. Ich könnte mir vorstellen, als Signal einen Raum im Rathaus für diese Altersgruppe einzurichten, damit junge Menschen einen Anlaufpunkt haben. Das möchte ich zügig angehen und umsetzen. Wir müssen ihnen das Signal geben, dass ihre Meinung gefragt ist. Denn sie sind die Zukunft dieser Gemeinde

Einer der wichtigsten wirtschaftlichen Pfeiler der Gemeinde ist das Güterverkehrszentrum (GVZ). Wie wollen Sie die Wirtschaft in Großbeeren unterstützen?

Das GVZ ist gut etabliert. Es gibt dort sehr viel Logistik, aber wenig produzierendes Gewerbe. Hier könnte man Akzente setzen. Die Themen Lärmschutz und Lichtverschmutzung sind sehr wichtig: Bei Westwind gibt es Lärmbelastung und abends kann man den Nachthimmel kaum sehen. Gerne möchte ich mit den Verantwortlichen des GVZ darüber beraten. Durch und nach der Corona-Pandemie haben wir sehr viel Einzelgewerbe in Großbeeren verloren. Hier heißt es, ein Wirtschaftskonzept auszuarbeiten, um dem Leerstand entgegenzuwirken und gezielt kleine und mittelständische Unternehmen anzuwerben. Die Grünen-Fraktion ist diesbezüglich seit der Kommunalwahl im letzten Jahr sehr aktiv.

Ich möchte die Mitwirkungsrechte von Kindern und Jugendlichen fördern

Sehr viele Menschen pendeln nach Großbeeren. Wie gut bzw. ausbaufähig halten Sie das Angebot an öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Radwegen?

Nach der letzten Fahrplanänderung hat sich das Angebot des ÖPNV, was Großbeeren betrifft, eher verschlechtert. Leider hat die Gemeinde nur wenig Einfluss auf den ÖPNV. Das beste Beispiel ist die Linie 600, die seit dem neuen Busbahnhof im Güterverkehrszentrum nicht einmal mehr durch Großbeeren fährt. Und das, obwohl die Gemeinde dafür bezahlt! Das ist für mich untragbar. Das muss sich ändern, der Bus sollte durch Großbeeren fahren. Außerdem müssen wir die Busverbindungen nach Teltow und Berlin aufrechterhalten und die Lücken im Fahrradweg nach Teltow schließen. Diese Vzerbindung ist besonders für Schülerinnen und Schüler sehr wichtig und aktuell viel zu gefährlich. Dadurch reduzieren sich auch die Risiken im Verkehr. Was die Schiene betrifft, sollen, sobald die ­Dresdner Stammbahn fertiggestellt ist, zwei Züge pro Stunde in Großbeeren halten. Die genauen Abstände zwischen den Halten sind jedoch noch ungewiss. Wir werden darauf hinwirken, dass die Halte bis in die späten Abendstunden angeboten werden, denn viele Pendler, die in Großbeeren arbeiten, nutzen die Bahn. Ich selbst nutze das ÖPNV-Angebot und das Fahrrad. Inzwischen gibt es einen guten und beleuchteten Radweg und das Park-and-Ride-System wurde ausgebaut.

Viele Familien, die nach Großbeeren ziehen, schätzen das ländliche Idyll, zu dem unter anderem der Wochenmarkt gehört. Wie wollen Sie diese Regiona-lität stärken?

Ich lebe seit fast 30 Jahren in Großbeeren. Der ländliche Charakter ist bis heute ein großer Anreiz für junge Familien, zu uns zu ziehen. Das sichert natürlich auch das Fortbestehen der Gemeinde. In einigen Wohngebieten findet aktuell ein Generationswechsel statt. Das ist eine sehr erfreuliche Tatsache. Großbeeren braucht jedoch auch etwas, das Identität stiftet und Gemeinschaft und Gemeinsinn fördert. Ich möchte, dass sich möglichst viele Menschen Gedanken darüber machen, mitwirken und diesen Ort, an dem sich alle treffen, mitgestalten. Durch Mitwirken und Mitbestimmen erfährt man Selbstwirksamkeit – und das schafft Identität.

Fotos: Redaktion / Bettina Stobbe