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Unsere Stromversorgung – Sicher – zuverlässig – belastbar?

Letztes Jahr konnte man in den Nachrichten hören, dass in Oranienburg keine neuen Stromanschlüsse oder Wärmepumpen mehr genehmigt werden konnten, weil die ­Kapazität des örtlichen Stromnetzes ausgeschöpft war. Könnte das auch bei uns ­passieren, und wie sicher ist die Stromversorgung überhaupt? Woher kommt der Strom, wie gelangt er in unsere Region und in unsere Haushalte – und wie könnte das Netz trotz immer weniger grundlastfähiger Kraftwerke stabil gehalten werden?

Früher war die Stabilität des Stromnetzes relativ einfach herzustellen: Es gab genügend Kraftwerke, in denen sich Turbinen und Generatoren mit großen Schwungmassen zuverlässig fünfzig-mal pro Sekunde (also mit 50 Hertz) drehten und damit ein stabiles Wechselstromnetz garantierten – egal, ob die Antriebsenergie aus Wasser, Kohle, Gas oder Kernreaktoren kam. Im Zuge der Energiewende wurden immer mehr Kraftwerke dieser Art abgestellt und teilweise durch Solar- oder Windkraftwerke ersetzt, die naturgemäß den Strom sehr unregelmäßig ins Netz einspeisen. Manchmal scheint die Sonne nicht, manchmal weht zu wenig Wind, und manchmal beides zusammen – das nennt man dann „Dunkelflaute“, sodass man immer noch konventionelle, fossile und grundlastfähige Kraftwerke braucht, die im Notfall einspringen können. Trotzdem haben die „erneuerbaren“ Stromquellen einen Vorteil: Abgesehen von der Materialgewinnung und vom Bau (und später beim eventuellen Recycling) wird während des Betriebs kein CO2 abgegeben. Der unberechenbare und nicht konstante Stromfluss stellt die Netzversorger jedoch vor große Probleme und beschäftigt die Wissenschaft umso mehr, als für die Zukunft ein immer größerer Anteil an sogenannten „Erneuerbaren“ installiert werden soll. Doch schon jetzt machen sich Fachleute Sorgen, was passiert, wenn die vielen neuen Solaranlagen auf Dächern und Balkons während der kommenden Sommermonate ihren Strom ins Netz einspeisen. Eine Netzüberlastung könnte zu regionalen Stromabschaltungen führen. Doch es gibt noch mehr Unsicherheiten, schließlich war der Strombedarf in Deutschland während des vergangenen Jahres meist höher als die hierzulande erzeugte Strommenge, sodass häufig Strom aus dem Ausland importiert werden musste – oft zu horrenden Preisen, während es bei einem Überangebot zu negativen Entgelten kam. Das führte zu hohen Strompreisen für Verbraucher.

Stromerzeugung und Stromverbrauch im letzten Jahr, Agora Energiewende (2023): Agorameter – Stand: 03.03.2025

Um zu verstehen, woher und wie der Strom in unsere Region und unsere Haushalte gelangt, haben wir uns beim regionalen Netzversorger E.DIS erkundigt. Im Unterschied zu den frei wählbaren Stromversorgern, mit denen man einen Vertrag für den eigenen Haushalt abschließt, kommt man mit dem Netzbetreiber nur dann in Kontakt, wenn es um einen neuen Hausanschluss, Stromzähler oder die eigene Solaranlage geht. Egal, bei wem man die Stromrechnung bezahlt, der Strom wird bei uns immer von E.DIS geliefert – dieser wiederum bezieht den Strom von großen überregionalen Lieferanten (hier: „50Hertz“), deren Netze Teil des europäischen Stromnetzverbunds sind. E.DIS (mit rund 3.000 Mitarbeitern einschließlich rund 200 Auszubildenden einer der größten Arbeitgeber in ­Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) baut und betreibt die Leitungen in Form von ober- oder unterirdischen Stromtrassen und baut laufend neue dazu, weil immer mehr Wind- und Solarparks dazukommen und deren Strom in andere Regionen transportiert werden muss (bis zur angestrebten Klimaneutralität 2045 noch ein weiter, teurer Weg) – andererseits müssen aber auch viele alte Leitungen erneuert werden. Das fängt schon mit den Kabeln unter der Straßendecke an, die bei uns teilweise noch aus alten DDR-Alukabeln bestehen, weil früher die Devisen für hochwertigeres Kupfer nicht ausreichten. Beschädigungen durch Bauarbeiten führen ebenfalls zu teuren Kabelsanierungen.

Hohe Summen werden auch deshalb für den Netzausbau benötigt, weil Leitungen für höheren Strombedarf gebraucht werden – bis 2031 rechnet man in unserer Region mit einer Verdreifachung. ­Rechenzentren und Industrieanlagen in Ludwigsfelde, Ladestationen für ­E-Autos und Wärmepumpen sind große Stromverbraucher, weshalb E.DIS gerade Stromtrassen im Umland erweitert. Haushalte sind allerdings teils unberechenbarer als Großverbraucher, in Fachkreisen scherzhaft „Zahnarzt-Allee“ genannt, die durchaus in ­Kleinmachnow angesiedelt sein könnte: Die reichen Bewohner kommen am Sonntagabend alle gleichzeitig vom Golfplatz heim, laden ihre E-Autos und schalten Licht, Wärmepumpe, Sauna und Backofen ein. Folge: Überlastung und Überhitzung der Kabel unter der Straße, das nächste Trafohäuschen schaltet ab – Stromausfall. Nur neue Kabel und Trafos, die diese Belastungen aushalten, könnten das verhindern – eine teure Investition für den Netzbetreiber.

Umspannwerk in der Teltower Katzbachstraße. Foto: Redaktion

Abgesehen von den notwendigen und horrenden Summen, die für den Netzausbau und die Sanierung fällig werden (­allein für die Verteilnetze wird bundesweit ein Investitionsbedarf von 200 Milliarden Euro geschätzt, hinzu kommen 328 Milliarden für die Übertragungsnetze bzw. Stromautobahnen), muss heutzutage auch besonders in die Sicherheit investiert werden, denn die Stromversorgung gehört zur kritischen Infrastruktur. Es fängt schon im Haushalt an: ­Computer, Smart-Home-Installationen und Smart-Meter (intelligente Stromzähler) könnten von immer raffinierter angelegten Hackerattacken betroffen sein  – und noch schlimmer wäre es, wenn die Steueranlagen der Netzbetreiber lahmgelegt werden, denn dann würden plötzlich ganze Regionen ohne Strom dastehen. Das könnte übrigens auch der Fall sein, wenn Strommasten – wie bereits in der Nähe von Tesla geschehen – terroristischen Anschlägen zum Opfer fielen oder Umspannwerke wie jenes in Teltow, das nur von einem dünnen Zaun umgeben ist, beschädigt würden. Unsere Gemeinden haben zwar gerade im Rahmen des Katastrophenschutzes Notstromaggregate angeschafft, aber die sind nur dazu da, dass man im Notfall die Handys laden kann. Backupsysteme fürs gesamte Stromnetz fehlen, selbst für das schwankende Stromangebot der „Erneuerbaren“ gibt es bisher keine zuverlässige Lösung. Großspeicher sollen zukünftig einspringen können, sind aber gegenwärtig noch zu selten, viel zu teuer, erst in der Erprobungsphase und recht brandanfällig. Da erscheint die Idee, zukünftig E-Autos als Stromspeicher zu nutzen, geradezu genial – wenn es nicht so viele Pro-bleme bei der Umsetzung gäbe. Welcher Autofahrer würde sich ein teures E-Auto anschaffen, dessen Akku wegen der zahlreichen Ladezyklen (auf deren Zeitpunkt und Häufigkeit man keinen Einfluss hätte, da extern geregelt) schneller kaputtgeht, dazu noch einen teuren Wechselrichter kaufen (zur Einspeisung nötig) und im Notfall mit leerem Akku dastehen und nicht vom Fleck kommen? Intelligente Stromzähler könnten auch dazu genutzt werden, bei ­Strommangel ­Wärmepumpen und bei Stromüberschuss die Einspeisung von Dach- und Balkonsolaranlagen abzuschalten – neuer-
dings ein gesetzlich zugelassenes Verfahren. Das wäre allerdings nur von einer KI zu bewältigen, die ihrerseits viel Strom benötigt, sowie einem flächendeckenden, schnellen und ebenfalls energieintensiven Internet. Abgesehen davon ist die Rückgewinnung von Energie aus Speichersystemen verlustreich – am wenigsten effektiv wäre übrigens die Umwandlung in Wasserstoff und zurück.

Stromtrassen in unserer Region: Von der 380-kV-Leitung bei Nunsdorf (zwischen Trebbin und Zossen) zweigt die 110-kV-Leitung nach Teltow ab und verläuft ab der Stadtgrenze unterirdisch zum Umspannwerk in der Katzbachstraße, von dort aus gelangt der Strom zu den Verbrauchern. / Grafik: 123maps/ OpenStreetMap

Wenn man all diese Aspekte zusammenfasst, könnte man sich schon Sorgen um eine sichere Stromversorgung in der Zukunft machen. E.DIS sieht da weniger Probleme – die Forscher in den damit befassten Fraunhofer- und Helmholtz-instituten sowie Securityexperten schon. Hoffen wir, dass es bald zu innovativen und bezahlbaren Lösungen kommt, damit wir nicht irgendwann im Dunkeln sitzen. Solaranlagen mit Heimspeicher im netzunabhängigen Inselbetrieb und Powerstations könnten private Haushalte zumindest zeitweise vor Stromausfällen oder Blackouts schützen – nachhaltig ist das aber auch nicht. Auf der südkoreanischen Insel Gapa hat man versucht, sich nur mit Solar- und Windstrom zu versorgen, installierte sicherheitshalber die dreifache Bedarfsmenge und einen Batteriespeicher. Kosten für jeden Haushalt: 125.000 Euro. Fazit: Nur knapp die Hälfte des Strombedarfs wurde abgedeckt, den Rest mussten weiterhin fossile Brennstoffe liefern. Hoffen wir auf baldigen technischen Fortschritt!

Fotos: Pixabay.com / Redaktion/123maps/ OpenStreetMap