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„Ein Theater im Kiez erhöht die Lebensqualität“

Dem Berliner Volksschauspieler Jürgen Hilbrecht wird sowohl von Kritikern als auch vom Publikum nachgesagt, er spiele den „Hauptmann von Cöpenick“ nicht nur, er verkörpere ihn durch und durch. Die Rolle des falschen Offiziers ist Hilbrechts Paraderolle, davon konnte man sich am 1. Dezember persönlich überzeugen. Der Schauspieler war zu bewundern als Schuster, Hauptmann, Ganove, Vagabund, Halunke, Pennäler, Polizeioffizier und Verbrecher in „Das Schlitzohr von Köpenick.“ Es ist ein Ein-Mann-Stück, Hilbrecht spielt jede einzelne Rolle selbst. Aufgeführt wurde das Stück im „Hauptmanns-Klub 103,5“ in der Wendenschlossstraße 103 in Köpenick. Unterstützung erhielt der „Hauptmann von Cöpenick“ von Akkordeonspieler Kurt Fritsche.

In Köpenick wird nächstes Jahr der 130. Geburtstag eines dort sehr beliebten Theaters gefeiert. Jürgen Hilbrecht setzt sich seit der Wiedervereinigung für das Kieztheater ein. „Ein Theater im Kiez erhöht die Lebensqualität. Ein Theater im Bezirk ist eine Bereicherung“, ist er sich sicher. „Ohne Frage befinden sich gerade in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte ganz herausragende Theater, an denen wirklich hochkarätige und mit sehr viel Leidenschaft auftretende Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne zu bewundern sind. Nur: eine gehbehinderte Mitbürgerin oder ein Senior aus dem Köpenicker Kiez machen sich gar nicht oder sehr selten am späten Nachmittag auf den Weg zu Theatern nach Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf. Man kann es ja auch einer Dame und einem Senior nicht verdenken, wenn sie oder er sich auf dem Nachhauseweg am Abend in den öffentlichen Verkehrsmitteln, um es wohlwollend auszudrücken, nicht gerade sehr sicher fühlt. Daher werden meine Mitstreiter und ich im nächsten Jahr mit zahlreichen Auftritten und Aktionen auf den 130. Geburtstag des Kieztheaters in Köpenick aufmerksam machen. Wir wollen auch 2019 auf die lange historische Tradition des Theaterlebens in Köpenick hinweisen.“

Ein weiterer Grund für den unermüdlichen Einsatz von Hilbrecht ist die Sorge um einen ganz besonderen Dialekt: „Ick mach mir Sorgen umm de Bärlinar Mundart, weeste, verstehste? In Norddeutschland hat man zahlreiche niederdeutsche Bühnen. Hamburg hat sein Ohnsorg-Theater. Dort wird „Opp Platt“ gespielt. In Herne findet man den „Mondpalast“ meines Kollegen Christian Stratmann. Hier wird der typische Dialekt des Ruhrgebietes auf der Bühne bewahrt. In der Bundeshauptstadt Berlin mit rund 3,5 Millionen Einwohnern findet man kein Theater, das Stücke in Berliner Mundart aufführt. Werke von namhaften Autoren sind vorhanden. Nur: Wann werden diese so guten Werke überhaupt aufgeführt? Alle berühmten Jubeljahre nur, wenn überhaupt. Ick jarantiere Sie, liebet Publikum, ick tuh allet ouch in Köpenick am Theater dafür, datt se mir in Bärlinar Dialeckt hören tun werden.“

Text: Volkert Neef/ Foto: Uwe Venter