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„Teltow: lebendig, nachhaltig,wirtschaftsstark, sozial gerecht“ – Bürgermeisterkandidatin Claudia Eller-Funke im Interview

Am 28. September wählt Teltow in der Zeit von 08:00 bis 18:00 Uhr ein neues Stadtoberhaupt. Nach 24 Jahren wird der derzeitige Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) im Januar 2026 die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger abgeben. Für die Nachfolge bewerben sich Claudia Eller-Funke (SPD) und Andre Freymuth (CDU). Wir haben die beiden Kandidaten zu persönlichen Gesprächen getroffen, um ihre Ziele, Prioritäten und Visionen für Teltow kennenzulernen und zu erfahren, worauf sie sich in ihrer Amtszeit besonders konzentrieren möchten. Heute stellen wir Ihnen das Interview mit der SPD-Kandidatin Claudia Eller-Funke vor. Am 26. September folgt das Interview mit dem CDU-Kandidaten Andre Freymuth.

Teltower Stadt-Blatt Verlag: Woher kommt Ihr ­Interesse an der Kommunalpolitik?

Claudia Eller-Funke: Ich lebe seit über 26 Jahren im Ortsteil Ruhlsdorf. Hier in Teltow sind unsere Kinder groß geworden, hier habe ich Freundschaften geschlossen und mich immer wieder ehrenamtlich engagiert – ob in Kita, Schule oder Vereinen. Kommunalpolitik – ob im Landkreis Potsdam-Mittelmark oder in der Stadt Teltow – heißt für mich, das Leben der Menschen konkret zu gestalten – Kitaplätze, sichere Radwege, Spielplätze, Schulausstattung, Unterstützung für Vereine, Bauplanung und Erhalt von Grünflächen, ÖPNV, Familien-, Senioren- und Jugendarbeit, Stärkung und Schutz von Frauen. Diese Nähe, dieses unmittelbare Wirken, hat mich schon früh motiviert, Verantwortung zu übernehmen. Im Ortsbeirat, später im Kreistag sowie seit 2024 auch in der Stadtverordnetenversammlung und in weiteren Ehrenämtern habe ich gelernt, wie wichtig es ist, zuzuhören, Kompromisse zu finden und Lösungen umzusetzen, vor allem aber Entscheidungen zu treffen. Meine berufliche Erfahrung – von der Kommunalverwaltung über die Landesverwaltung bis zur Führungsverantwortung in einem Bundesministerium für gut 100 Beschäftigte in verschiedenen Teams – verbindet sich mit meiner lokalen und kommunalpolitischen Verwurzelung. Das möchte ich als Bürgermeisterin einbringen: Fachexpertise, Vernetzung, Erfahrung und die Bereitschaft, auf Augenhöhe mit den Menschen Teltow miteinander zu gestalten.

Kennen Sie die Sorgen und Ängste, die Jugendliche heute in Teltow haben?

Als Erwachsene kann man sich ohne Zuhören und ohne unmittelbare Beteiligung der Jugendlichen nicht wirklich in ihre Gedankenwelt mit den Sorgen und Ängsten hineinversetzen. Das habe ich daher getan und werde ich fortsetzen. Ich nehme die Sorgen und Ängste ernst. Jugendliche wollen Freiräume, Orte, an denen sie willkommen sind und sich treffen können, ohne gleich weggeschickt zu werden. Das können Jugendclubs, offene Sportflächen oder attraktive öffentliche Plätze sein. Viele Jugendliche sagen mir: Der Bus kommt zu selten, die Taktung und Strecken sollen reduziert oder eingestellt werden, die S-Bahn fällt oft aus – das erschwert ihre Mobilität. Ein anderes großes Thema ist die Frage nach der Zukunft: Welche Ausbildung ist für mich die richtige – und vor allem die Sorge, ob sie später überhaupt in ihrer Heimatstadt wohnen können. Viele junge Erwachsene wohnen weiterhin zu Hause, weil sie gern in Teltow leben und bleiben wollen, aber keine bezahlbare Wohnung finden, hierfür müssen wir Sorge tragen. Ich will die Jugendbeteiligung systematisch stärken, zum Beispiel durch Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendforums, eine mobile Sprechstunde, Ausweitung von Befragungen, und ich wünsche mir ein Antragsrecht des Jugendbeirates bei der Stadtverordnetenversammlung (wie auch für den Seniorenbeirat). Auch die Idee eines gemeinsamen Jugend- und ­Seniorenforums möchte ich verfolgen, für ein gutes Miteinander der Generationen. Wichtig ist, dass Jugendliche nicht nur gehört, sondern auch ernst genommen werden. Wenn sie sehen, dass Ideen wie Skatepark, Basketball- oder Soccerfeld oder bessere Buslinien umgesetzt werden, entsteht Vertrauen. ­Politik muss mit und für junge Menschen gestaltet werden.

In Ihrem Wahlprogramm plädieren Sie für eine moderne Verwaltung, die digitale Lösungen nutzt. Wie weit soll Digitalisierung gehen?

Verwaltung muss für die Menschen da sein – nicht umgekehrt. Digitalisierung ist dafür ein Werkzeug. Wer einen Antrag stellen will, soll dies unkompliziert online erledigen können – egal, ob es um einen Anwohnerparkausweis, eine Meldebescheinigung oder eine Bauanfrage geht. Gleichzeitig weiß ich: Nicht alle fühlen sich im Digitalen zu Hause. Deshalb bleibt es für mich selbstverständlich, dass es weiterhin persönliche Ansprechpersonen gibt. Ein Beispiel: Wenn jemand eine Genehmigung beantragt, soll er den Bearbeitungsstand online einsehen können, wo das noch nicht möglich ist, soll das umgesetzt werden. Wenn Rückfragen bestehen, muss es möglich sein, schnell und direkt mit den verantwortlichen Bereichen zu sprechen. Ich setze auf ein „sowohl als auch“ – digitale Angebote, die Zeit und Wege sparen, und persönliche Nähe für alle, die sie brauchen. Ebenso wichtig ist ein starkes Verwaltungsteam mit guter Ausstattung und Weiterbildung. Nur wenn wir Prozesse vereinfachen, Zuständigkeiten klar regeln und Bearbeitungszeiten verkürzen, Strukturen innerhalb der Verwaltung ggf. gemeinsam anpassen, wird die Verwaltung als Partnerin wahrgenommen – nicht als Hürde.

Welches sind Ihre Prioritäten? 

Meine Vision ist ein Teltow, das eine soziale Stadt bleibt – lebendig, nachhaltig und gerecht. Dazu gehören für mich mehrere Schwerpunkte:

Bezahlbares Wohnen: Wohnen darf kein Luxus sein. Ich setze mich dafür ein, dass Neubauten immer auch einen Anteil preisgünstiger Mietwohnungen enthalten. Gleichzeitig brauchen wir maßvolles Wachstum, das Grünflächen erhält und Infrastruktur mitdenkt.

Moderne Schulen: Unsere Schulen sind das Fundament für die Zukunft. Jede Schule soll zeitgemäße Ausstattung bekommen – digitale Lernmittel, moderne Gebäude, genug Räume für Ganztagsangebote.

Solide Finanzen: Nur wenn wir verantwortungsvoll wirtschaften, können wir auch in Zukunft in Bildung, Kultur und Soziales investieren. Dabei darf es keine Einsparungen geben, die die Leistungs-fähigkeit der Feuerwehr für unsere ­Sicherheit einschränken.

Die Region wird getragen von den vielen Vereinen und Initiativen, in denen sich Menschen ehrenamtlich einbringen –vom Sportverein bis zur Freiwilligen Feuerwehr. Dieses Engagement ist unverzichtbar, braucht verlässliche politische Unterstützung. Meine Vision ist ein Teltow, in dem sich alle zu Hause fühlen.

Ohne eine starke lokale Wirtschaft hat die Stadt kein Geld, um Projekte in Angriff zu nehmen. Was ist da Ihr Plan?

Eine starke lokale Wirtschaft ist das Rückgrat unserer Stadt. Mein Ziel ist, Teltow für Unternehmen attraktiv zu halten und für Neugründungen spannend zu machen. Das bedeutet: verlässliche Infrastruktur, funktionierende Verkehrswege und zügige Genehmigungen. Unternehmen sagen mir: „Schon kürzere Bearbeitungszeiten helfen enorm.“ Das nehme ich ernst. Gleichzeitig möchte ich die Vernetzung fördern – Wirtschaft, Verwaltung und Politik müssen miteinander im Gespräch sein. Ein Beispiel: Die Wirtschaftsförderung in der Verantwortung des Landkreises muss bekannter gemacht werden, ein Koordinator in der Stadtverwaltung kann verstärkend sein. Ich möchte kontinuierlich die guten Rahmenbedingungen für die Unternehmen erhalten. Nur so bleibt Teltow ein starker Standort, der Arbeitsplätze bietet und der Stadt die finanziellen Spielräume eröffnet, die wir für Investitionen in Bildung, Kultur und Soziales brauchen.

Claudia Eller-Funke (SPD) wird als Bürgermeisterkandidatin in ­Teltow von Bündnis 90 / Die Grünen unterstützt.

Haben die Menschen das Vertrauen in die Stadtverwaltung verloren?

Ich habe nicht das Gefühl, dass die Menschen das Vertrauen grundsätzlich verloren haben – aber viele sind frustriert über lange Verfahren, fehlende Transparenz und mangelnde Kommunikation. Es gibt ein Bedürfnis nach Klarheit: Warum dauert ein Bauprojekt so lange? Weshalb gibt es keine sichtbaren Fortschritte beim Verkehr? Hier braucht es mehr Offenheit und regelmäßige Informationen. Am häufigsten sprechen mich die Menschen auf diese Themen an: Wohnen, Schulen und Kitas, Verkehr und Grünflächen, Müll, Barriererfreiheit, Hallenbad, die Fertigstellung von Radwegen, Klima- und Hitzeschutz.Manche sorgen sich, dass Teltow zu stark wächst, andere ärgern sich über zu wenig Parkplätze oder eine schlechte Busanbindung. Ich nehme auch diese Anliegen sehr ernst. Als Bürgermeisterin will ich regelmäßige Bürgersprechstunden einführen – aber nicht nur im Rathaus, sondern auch in den verschienden Stadtbereichen und in Ruhlsdorf. Zuhören, erklären, einbeziehen – so entsteht Vertrauen.

Viele beklagen, dass Teltow komplett zugebaut wird. Wie stehen Sie dazu?

Ich verstehe diese Sorgen sehr gut. ­Teltow ist in den letzten Jahren stark gewachsen, und das bringt Chancen, aber auch große Herausforderungen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum – für junge Familien, Seniorinnen und Senioren mit kleiner Rente und für Menschen mit durchschnittlichem Einkommen. Aber dieses Wachstum darf nicht zulasten der Lebensqualität gehen. Für mich bedeutet das: maßvoll und nachhaltig bauen. Das heißt, bestehende Flächen intelligent nutzen, Nachverdichtung nur dort, wo es Sinn ergibt, und Grünflächen unbedingt bewahren. Luftschneisen sind enorm wichtig. Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis: genug Wohnraum, aber auch Park-, Grün- und Spielflächen und Begegnungsorte. Entsiegelung und Gebäudebegrünung sind beim Klima- und Hitzeschutz Gegenwarts- und Zukunftshemen.

Foto: Dirk Pagels