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Bürgermeisterwahlen in Großbeeren: Der Kandidat Dirk Steinhausen im Interview

Fünf Personen stehen am 06. Juni auf dem Wahlzettel in Großbeeren: Martin Wonneberger (CDU), Dirk Steinhausen (WfG), Bettina Stobbe (Grüne), Peter Silke (AfD) und Klaus Meyer (UWG). Unabhängig davon, wer ins Rathaus einzieht, wird die neue Führung vor großen Herausforderungen stehen: Themen wie Vereine, Ehrenamt, Sicherheit, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, soziale Teilhabe für Jung und Alt, generationsübergreifende Projekte sowie die Finanzen der Gemeinde – all diese Punkte sorgten im Wahlkampf für lebhafte Diskussionen. Wir haben vier der Kandidaten zu persönlichen Gesprächen getroffen, um ihre Ziele, Prioritäten und Visionen für ­Großbeeren kennenzulernen und zu ­erfahren, worauf sie sich in ihrer Amtszeit besonders konzentrieren möchten.

Dirk Steinhausen wurde 1970 in ­Berlin in der Nähe vom Schloss Bellevue geboren. Er ist Diplom- Wirtschaftsingenieur und arbeitet
bei einer ­Versicherungsgesellschaft. Er ist parteilos und kandidiert für die Wählergemeinschaft „Wir für Großbeeren“. Er sitzt seit 17 Jahren im Gemeinderat von Großbeeren und ist seit sechs ­Jahren Ortsvorsteher in Diedersdorf. Er ist geschieden, hat zwei erwachsene Kinder und lebt seit über 25 Jahren in der Gemeinde.

Teltower Stadtblatt Verlag: Warum sind Sie der richtige Bürgermeister für ­Großbeeren?

Dirk Steinhausen: Schöne Frage. Ich denke mir, dass ich mehrere Punkte vereine. Das eine ist, die Verwaltung zu führen. Sie sollte bürgernah arbeiten und sich als Dienstleister verstehen. Da ist es gut, wenn man wie ich Erfahrung in Personalführung hat. Des Weiteren arbeite ich viel mit Ziel- und Leitbildern. In meiner derzeitigen beruflichen Tätigkeit bin ich im Changemanagement tätig, das heißt, ich begleite Menschen bei ihren Veränderungsprozessen. Und das passt auch zu unserer Verwaltung. Wir hatten einen unheimlichen Personalabfluss und viele Prozesse laufen nicht rund. Das zu korrigieren, ist sicherlich die erste Aufgabe. Unbedingt müssen die offenen Stellen besetzt werden. Zweitens habe ich die Vision, dass es den Bürgern unter einem Bürgermeister Dirk Steinhausen besser geht. Die Lebensqualität sollte erhalten und wenn möglich verbessert werden. Wir waren mal eine sehr familienfreundliche Gemeinde, aber mit dem andauernden Zuzugsdruck kommen wir mit dem Bau der sozialen Infrastruktur nicht hinterher. Die Landesplanung geht immer von einer durchschnittlichen Geburtenrate aus, aber hier im Speckgürtel ist die Entwicklung viel dynamischer. In unsere Region ziehen ja vor allem junge Familien.

Was wollen Sie als erstes in Großbeeren anpacken?

Die ersten 100 Tage sind entscheidend, um die Verwaltung von innen kennenzulernen und eine gewisse Priorisierung vorzunehmen. Wir sind Planungsweltmeister, setzen aber zu wenig um. Der Bürgermeister hat in seiner Amtszeit nur den Bauhof umgesetzt, der im Sommer eingeweiht wird, wir brauchen aber einen neuen Hort und eine neue Kita. Außerdem müssen wir eine neue Schule bauen, da sind wir schon im Gespräch mit dem Landkreis. Aber wir müssen für alle Bürger etwas tun, damit Großbeeren nicht zur reinen Schlafstadt wird. Geld hätten wir genug, kommen aber nicht ran. Hintergrund ist, dass wir seit zehn Jahren keinen Jahresabschluss haben. Insofern muss der die Kämmerei wahnsinnig nacharbeiten. Und in diesem Zeitraum sind alle freiwilligen Ausgaben mit einem Fragezeichen versehen. Wir dürfen nur die absoluten Pflichtaufgaben erledigen, zum Beispiel den Bau einer Kita. Bei einem Sportplatz ist das schon schwieriger. Wir müssen unbedingt wieder handlungsfähig werden!

Wie wollen Sie das soziale Miteinander und die Vereine in der Gemeinde fördern?

Ich möchte mich dafür einsetzen generationsübergreifend Begegnungsstätten zu schaffen, um ein Miteinander, egal in welcher Altersgruppe, Religion oder sozialer Herkunft für unsere Gemeinde stärker zu fördern. Ich möchte ­Netzwerke aufbauen, um das Gemeinschaftsleben zu stärken. So kann das Netzwerk „Älter werden in ­Großbeeren“ einen wichtigen Beitrag liefern. Unsere Vereinslandschaft ist schon sehr ausgeprägt und rege, ebenso der Förderverein und der Kulturverein. Dies alles gilt es enger zu verzahnen, um sich ­gegenseitig zu helfen.

Großbeeren ist gemäß der ­Kriminalitätsstatistik eine sichere Gemeinde. Trotzdem gab es immer wieder Berichte über Drogenprobleme. Wie wollen Sie dagegen vorgehen?

Wir hatten mal ein Problem, aber das sehe ich zurzeit nicht. Am letzten Hauptausschuss nahm auch wieder die Polizei teil und konnte dies ebenfalls nicht bestätigen. Wir hatten mal einen Kriminalitätsschwerpunkt bei Einbrüchen in PKWs. Das liegt aber mutmaßlich am Besucher-Parkplatz der Justizvollzugsanstalt (JVA). Dort werden häufig Fahrzeuge aufgebrochen. Das wirkt sich auf die Statistik der Gemeinde aus. Jeder Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz in der JVA wird dann ebenfalls der Gemeinde zugeschlage

Einer der wichtigsten wirtschaftlichen Pfeiler der Gemeinde ist das Güterverkehrszentrum (GVZ). Wie wollen Sie die Wirtschaft in Großbeeren unterstützen?

Wir haben mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Wir müssen aber das GVZ und die bestehenden Gewerbe besser verzahnen. Das GVZ werden wir nicht erweitern, weil wir keine Flächen mehr haben. Dort haben wir im wesentlichen Lebensmittelanbieter. Das hat uns in der Corona-Zeit geholfen, stabil unsere Gewerbesteuer zu erhalten, denn essen müssen die Leute immer. Aber es ist auch wichtig, das produzierende, mittelständische Gewerbe außerhalb des GVZ zu unterstützen. Eine große Herausforderung ist wie überall der Fachkräftemangel. Auch hier können Netzwerke helfen. Außerdem müssen wir in der Verwaltung andere, auch digitale Arbeitsabläufe schaffen.

Sehr viele Menschen pendeln nach Großbeeren. Wie gut bzw. ausbaufähig halten Sie das Angebot an öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Radwegen?

Ich möchte das Angebot unbedingt ausweiten. Mein Ziel ist es, eine Ortslinie zu schaffen, die Taktfrequenzen zu erhöhen und die einzelnen Ortsteile besser anzubinden. Aber das ist schwierig, denn die Finanzierung des ÖPNV obliegt ja dem Landkreis und dem Land. Das Land Brandenburg hat diesen leider chronisch unterfinanziert. Im Grunde haben wir hier nur einen Schülerverkehr, das heißt, die Busse fahren morgens und nachmittags. Das Radwegesystem ist recht gut, ist aber ausbaubar. Wir haben einige Straßen, die ich gerne mit einem Radfahrweg ausstatten würde, aber das sind Landes- oder Kreisstraßen, das liegt dann nicht mehr in unserer Verantwortung

Viele Familien, die nach Großbeeren ziehen, schätzen das ländliche Idyll, zu dem unter anderem der Wochenmarkt gehört. Wie wollen Sie diese Regiona-lität stärken?

Der Wochenmarkt hat jetzt gerade einjähriges Jubiläum. Er läuft, aber wir wünschen uns noch mehr Traffic. Wir überlegen, die Zeiten, den Markt vielleicht auf nachmittags zu verlegen. Aber es gibt jetzt schon eine Weiterentwicklung: Die Betreiber stellen jetzt in einem Quadrat in der Mitte Tische und Bänke auf und schaffen damit das, was wir dort sowie haben wollten, nämlich eine Begegnungsstätte. Marktgeschehen ist auch immer ein Garant für die Lebendigkeit einer Gemeinde.

Fotos: Redaktion / Dirk Steinhausen