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Long Covid: Wenn die Krankheit in die Verlängerung geht

Von Covid genesen: Wer eine Corona-Infektion hinter sich gebracht hat, gilt als geheilt und vorläufig immun gegen eine erneute Infektion. Viele ehemals Infizierte leiden jedoch unter langfristigen Folgen, dem sogenannten „Long Covid“. Was zeichnet diese Beschwerden aus?

Ob infiziert oder nicht: Die Corona-Pandemie wird bei vielen Menschen Spuren hinterlassen, sowohl sozial als auch psychisch. Menschen, die eine Infektion überstanden haben, spüren außerdem die körperlichen Folgen. Dem Post-Covid-19-Syndrom, oft als „Long Covid“ bezeichnet, werden viele Symptome zugeschrieben, und auch die vorgeschlagenen Therapiemöglichkeiten unterscheiden sich oft fundamental voneinander. Wie ist der aktuelle Wissensstand?

Das „Post-Covid-19-Syndrom“

Bisher gibt es keine genaue Definition der Begriffe „Post-Covid-19-Syndrom“ oder „Long Covid“. Darunter fallen zunächst alle gesundheitlichen Einschränkungen, die sich während oder nach einer Covid-19-Erkrankung ergeben. Als Orientierung nennt das britische National Institute for Health and Care Excellence drei Krankheitsphasen:

  • Akute Covid-19-Erkrankung: Symptome bis zu vier Wochen nach einer Infektion
  • Andauernde Covid-19-Symptomatik: Symptome im Zeitraum von 4-12 Wochen nach einer Infektion
  • Post-Covid-19-Syndrom: Symptome, die sich während oder nach einer Covid-19-Infektion entwickelt haben, seit mindestens 12 Wochen bestehen und nicht durch andere Diagnosen erklärt werden können.   

Fallberichte nennen verschiedene Symptome wie Atembeschwerden, chronische Erschöpfung und Depressionen bis hin zum Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn. Extremfälle berichten von Parkinson oder einem Guillain-Barré-Syndrom, einer Nervenerkrankung, die oft nach Infekten auftritt. Hierbei kommt es zu Muskel-Lähmungen, die typischerweise an beiden Händen oder Füßen beginnen und dann langsam Richtung Körpermitte aufsteigen. Andere Patienten berichten vom Gefühl, das eigene Gehirn sei „vernebelt“; dieses kann zusammen mit Konzentrations- und Sprachschwierigkeiten oder auch Gedächtnisproblemen auftreten.

Gibt es Risikofaktoren?

Nach derzeitigem Kenntnisstand verursachen ein hoher Body-Mass-Index (BMI), Vorerkrankungen sowie ein schwerer Covid-Verlauf ein Risiko, insbesondere bei Frauen. Allerdings können auch Kinder oder junge Erwachsene, die nur wenige Covid-Symptome hatten, unter Spätfolgen leiden. Allerdings ist nicht nicht eindeutig geklärt, wie genau es zu diesen Spätfolgen kommt – deshalb ist auch der Zusammenhang zur akuten Erkrankung bislang unklar.

Wie häufig treten Post-Covid-Symptome auf?

Trotz der bereits lange anhaltenden Pandemie ist die Datenlage unklar, denn viele Post-Covid-Symptome sind objektiv schwer zu messen. Somit beruht die Häufigkeit der Symptome oft auf Selbstangaben der Erkrankten, weshalb die Angaben entsprechend schwanken. Je nach Studie leiden 10 bis 80 Prozent der Covid-Patienten unter den Spätfolgen – die Wahrheit befindet sich demnach in der Mitte. Zudem halten viele Symptome nur wenige Wochen an und verschwinden anschließend. Daher hängt die Häufigkeit von Beschwerden auch vom Zeitpunkt der Befragung ab.

Aktuelle Studien nennen als häufigste Symptome chronische Erschöpfung, Schlafstörungen und Atembeschwerden. Das britische Fachmagazin Lancet zeigte im April, wie häufig elf verschiedene neurologische oder psychiatrische Erkrankungen innerhalb von 6 Monaten nach einer Covid-19-Infektion auftreten. Dabei beruft sich die Fachzeitschrift auf elektronische Gesundheitsdaten von mehreren Millionen US-Amerikanern; dadurch ließen sich rund 236.000 Menschen nach einer Covid-19-Infektion beobachten. Als Kontrollgruppe wurden Personen ausgewählt, bei denen im gleichen Zeitraum andere Atemwegserkrankungen als Covid-19 festgestellt wurden.

Bei etwa 13 Prozent der Personen wurde nach einer Covid-19-Infektion erstmalig eine neurologische oder psychiatrische Erkrankung diagnostiziert. Alle elf Erkrankungsgruppen, die in dieser Studie betrachtet wurden, traten deutlich häufiger nach einer Covid-19-Erkrankung als nach anderen Atemwegserkrankungen auf. Am häufigsten waren Stimmungs-, Angst- oder psychotische Störungen bei fast jeder zehnten Person.

Bereits jetzt lässt sich festhalten: Post-Covid-19-Symptome sind durchaus häufig. Im Bereich neurologisch-psychiatrischer Erkrankungen treten Angst- und Stimmungsstörungen am meisten auf. Parkinson- oder Guillain-Bairré-Syndrome werden in der genannten Studie dagegen derart selten genannt, dass ein Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung noch äußerst unsicher ist. Ph

Symbolbild: Pixabay.com