„Wirtschaftsförderung muss Chefsache sein“ – Andre Freymuth im Interview
Andre Freymuth (CDU) wird der neue Bürgermeister Teltows und tritt am 23. Januar 2026 die Nachfolge von Thomas Schmidt (SPD) an, der sich nach drei Wahlperioden und 24 Jahren im Amt in den Ruhestand verabschieden wird. In einem ersten Interview nach der Wahl stand Freymuth dem Stadtblatt Rede und Antwort.
Sie treten Ihr Amt als neuer Bürgermeister am 23. Januar 2026 an. Wie bereiten Sie sich darauf vor? Konnten Sie schon Termine wahrnehmen?
Andre Freymuth: Ich nutze die Zeit bis zu meinem Amtsantritt intensiv, um mich gründlich einzuarbeiten und viele Gespräche zu führen mit der Stadtverwaltung, den Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung und verschiedenen Akteuren hier in Teltow. Mir ist wichtig, weiter ein gutes Bild von den Themen und Menschen zu bekommen, die unsere Stadt bewegen. Ein großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle noch einmal an meine Unterstützerinnen und Unterstützer von FDP, BFB und GUT richten. Die Zusammenarbeit im Wahlkampf war wirklich hervorragend, ich konnte mich jederzeit auf sie verlassen, und das hat mich sehr gefreut.
Noch bin ich weiterhin als Soldat im Dienst und muss dort noch einige Aufgaben abschließen und meinen Wechsel vorbereiten, das ist mit einigem Papierkram verbunden und kostet natürlich Zeit.
Mit Bürgermeister Schmidt stehe ich in engem Austausch. Wir treffen uns wöchentlich, um über aktuelle Themen zu sprechen. Er zeigt mir das Rathaus, stellt mir Projekte und Abläufe aus Verwaltungssicht vor und gibt mir Einblicke, wie er sich organisiert. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich nehme das mit, überlege aber schon jetzt, wie ich manche Dinge künftig gestalten möchte beziehungsweise Abläufe anpasse. Einige Termine habe ich bereits wahrgenommen – unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Stadtentwicklung und regionale Zusammenarbeit. Es ist alles sehr spannend.
Mein erstes Ziel ist es nun, gut im Amt und im Rathaus anzukommen. Bürgermeister Schmidt gibt mir schon jetzt Termine weiter, die nach seiner Amtszeit liegen, und wir stimmen uns dazu ab. So gelingt der Übergang reibungslos zum Wohl unserer Stadt.

Sie sind der erste CDU-Bürgermeister in Teltow. Gab es da schon Reaktionen seitens der Stadtverwaltung, die ja seit der Wende nur mit SPD-Bürgermeistern zusammengearbeitet hat?
Andre Freymuth: Die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung ist sehr professionell. Bisher habe ich ausschließlich offene und konstruktive Gespräche geführt und das schätze ich sehr. Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern darum, gemeinsam für Teltow das Beste zu erreichen. Deshalb kann ich den Begriff „CDU-Bürgermeister“ ehrlich gesagt nicht mehr hören. Nach meinem Empfinden haben die Menschen mich als Person gewählt, nicht nur als Vertreter einer Partei. Auch die breite Unterstützung aus ganz unterschiedlichen Gruppen zeigt, dass ich nicht „der CDU-Mann“ bin, sondern Andre Freymuth.
Ich spüre außerdem, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung Lust auf Veränderung haben. Viele freuen sich darauf, neue Impulse aufzunehmen und Dinge auch mal anders zu machen, Ideen umzusetzen, die vielleicht in den vergangenen Jahren nicht möglich waren. Nach 24 Jahren ist es ganz normal, dass sich gewisse Routinen eingeschliffen haben. Jetzt wollen wir gemeinsam frischen Wind reinbringen.
Was werden Sie als Erstes anpacken?
Zunächst möchte ich mir einen umfassenden Überblick über alle laufenden Projekte aus Sicht der Verwaltung verschaffen. Die Perspektive der Stadtverordnetenversammlung und meine eigene kenne ich, aber mir ist wichtig, die Sicht der Verwaltung genau zu verstehen. Nur so können wir die Themen richtig priorisieren und die Kommunikation sowohl intern als auch nach außen verbessern.
Inhaltlich möchte ich mich als Erstes um unsere Schulen und Kitas kümmern. Die Jugend ist unsere Zukunft, und wir müssen dafür sorgen, dass sie bestmögliche Bedingungen hat.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Verkehr, der ist inzwischen wirklich eine Zumutung. Hier brauchen wir dringend eine bessere Koordination und praktikable Lösungen. Gleiches gilt für die Sauberkeit in der Stadt: Ich verstehe einfach nicht, warum zum Beispiel die Hundetoiletten abgebaut werden, aber die Mülleimer darunter nicht stehen bleiben. Das ergibt für mich keinen Sinn. Auch fallen mir immer häufiger Müllecken auf, die so nicht sein können.
Und das dritte große Thema sind der Sport und die Vereinsarbeit. Im nächsten Jahr können sich Kommunen um eine Förderung in Höhe von einer Milliarde Euro bewerben. Diese Chance möchte ich unbedingt nutzen, zum Beispiel für den Bau einer Schwimmhalle und die Sanierung der Jahn-Sporthalle sowie des John-Scheer-Sportplatzes. Das Geld wird bereitgestellt, also sollten wir uns einfach bewerben. Mehr als nein sagen kann ja nicht passieren. Soweit ich weiß, geht das ab August 2026, und das werde ich in der Verwaltung fest einplanen. Vielleicht klappt es ja – das wäre ein Riesenschritt für Teltow.
Im Wahlkampf haben Sie wiederholt gesagt, dass Sie sich mehr um die Jugendlichen in der Stadt kümmern möchten. Was genau ist damit gemeint?
Jugendliche brauchen Räume, Mitsprache und Angebote, die wirklich zu ihrem Alltag passen. Mir ist wichtig, das gemeinsam mit ihnen zu gestalten, also direkt zu fragen, was sie sich wünschen: bei Freizeitangeboten, Sportstätten oder Treffpunkten. Denkbar sind zum Beispiel ein Jugendforum oder regelmäßige Workshops, bei denen junge Menschen ihre Ideen direkt in die Stadtpolitik einbringen können.
Wir haben bereits einen engagierten Jugendbeirat, aber ich möchte daraus gerne einen Jugendstadtrat entwickeln. Die Vertreterinnen und Vertreter könnten an den Teltower Schulen gewählt werden, so wären sie automatisch gut untereinander vernetzt, weil sie aus unterschiedlichen Schulen und Lebenswelten kommen. Dieser Jugendstadtrat soll auch über ein eigenes kleines Budget verfügen, das er selbstständig für Projekte und Anliegen der Jugendlichen einsetzen kann. Diese Idee möchte ich sowohl in der Stadtverordnetenversammlung als auch im Jugendbeirat vorstellen.
Wichtige Anlaufstellen/Ankerpunkte für junge Menschen gibt es ja bereits: das JTT, das Schifferheim und die Mädchenzukunftswerkstatt. Diese Angebote möchte ich auf jeden Fall erhalten und weiter ausbauen, damit Jugendliche in Teltow noch mehr Möglichkeiten bekommen, sich zu treffen, einzubringen und ihre Stadt aktiv mitzugestalten.
Sie haben Abschlüsse zum Fachinformatiker, IT-Entwickler und Betriebswirt für Wirtschaftsinformatik. Sie sind also prädestiniert, die Digitalisierung in der Stadt voranzutreiben. Wie soll das konkret aussehen?
Andre Freymuth: Digitalisierung bedeutet für mich vor allem eines: Bürgerfreundlichkeit. Ich möchte Verwaltungsprozesse vereinfachen und mehr Online-Services anbieten, damit Behördengänge schneller, unkomplizierter und bequemer werden. Gleichzeitig gehört dazu natürlich auch eine gute digitale Infrastruktur, also schnelles Internet in allen Ortsteilen, moderne Arbeitsplätze in der Verwaltung und digitale Beteiligungsformate, über die sich Bürgerinnen und Bürger aktiv einbringen können.
Mir ist aber auch wichtig: Nicht alle Menschen möchten oder können digitale Angebote nutzen. Ein Beispiel: Ich habe mich als Hitzeschutzpate angemeldet und bekam zur Antwort, dass es mehr Paten gebe als Menschen, die das Angebot in Anspruch nehmen wollten. Der Grund war schlicht, dass viele gar nicht wussten, wie sie sich über den QR-Code anmelden sollten. Deshalb muss es immer auch den klassischen Weg geben über das Telefon oder den persönlichen Kontakt. Manche freuen sich einfach, wenn sie eine vertraute Stimme hören und direkt mit jemandem sprechen können.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Glasfaserausbau. Den müssen wir konsequent vorantreiben. Dafür ist es entscheidend, dass die Unternehmen eng mit der Stadt und dem Bauamt zusammenarbeiten, damit die Umsetzung zügig und koordiniert erfolgt.
Der Wohnungsbau in Teltow wirkt etwas chaotisch und zufällig. Viele Bürger beklagen, dass ein einheitliches Konzept fehlt. Was wollen Sie dagegen tun? Wie soll der zukünftige Wohnungsbau aussehen?
Andre Freymuth: Ich möchte, dass wir künftig deutlich stärker nach einem klaren Stadtentwicklungskonzept bauen. Dazu gehören verbindliche Leitlinien für Architektur, Grünflächen, Verkehrsanbindung und soziale Infrastruktur. Wachstum muss gestaltet werden, nicht einfach passieren. Wohnraum soll bezahlbar bleiben, aber auch zum Stadtbild passen und Lebensqualität sichern. Der Flickenteppich, den wir derzeit haben, kann so nicht bleiben. Deshalb muss der Flächennutzungsplan dringend überarbeitet werden.
Ich bin durchaus dafür, künftig auch etwas höher zu bauen, um im Gegenzug mehr freie Flächen zu erhalten. Schon im Wahlkampf habe ich vorgeschlagen, Dächer von Supermärkten für Wohnungen zu nutzen, das wäre eine kluge und platzsparende Lösung. Insgesamt müssen einige Baugebiete komplett neu geplant werden, damit sie zu einer modernen, lebenswerten Stadt passen.
Wie viel Zuzug kann Teltow Ihrer Meinung nach verkraften?
Teltow ist sehr attraktiv, aber wir stoßen in einigen Bereichen an Grenzen, etwa bei Schulen, Kitas und Verkehr. Deshalb muss weiteres Wachstum mit Augenmaß erfolgen. Entscheidend ist, dass Infrastruktur und Lebensqualität mitwachsen.
Zuzug ja, aber nur so, dass Teltow lebenswert bleibt. Laut den aktuellen Planungen liegt das Maximum bei etwa 33.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Natürlich können wir niemandem verbieten, hierherzuziehen, aber ich denke, dass sich das in etwa auf diesem Niveau einpendeln wird.
Gleichzeitig gibt es nach wie vor einen großen Wohnraummangel. Deshalb kann es beim Neubau nicht bei dreigeschossigen Gebäuden bleiben. Es gibt in Städten wie Paris oder Oslo gute Beispiele dafür, dass auch höhere Gebäude ansprechend gestaltet sein können. Das ist durchaus machbar.
Mein Ziel ist es jetzt aber zunächst, die Projekte, die bereits begonnen wurden, vernünftig zu Ende zu bringen und darauf eine klare, zukunftsorientierte Stadtentwicklung aufzubauen.
Ein weiteres Ihrer Ziele ist, die Wirtschaft in Teltow zu stärken. Was heißt das konkret? Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?
Wirtschaft muss Chefsache sein. Ich möchte den Dialog mit den ansässigen Unternehmen deutlich intensivieren und Teltow als Wirtschaftsstandort sichtbarer und attraktiver machen. Dazu gehören schnellere Genehmigungsverfahren, verlässliche Ansprechpartner und eine aktive Wirtschaftsförderung, die Unternehmen wirklich unterstützt.
Außerdem will ich prüfen, wo wir neue Gewerbeflächen entwickeln können, ohne dabei Natur und Lebensqualität zu beeinträchtigen. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch einigen Firmen, denen im Greenpark in Stahnsdorf gekündigt wurde, passende Alternativen in Teltow anbieten können. Dafür brauchen wir aber zunächst einen vollständigen Überblick über alle verfügbaren Flächen, also über Angebot und Nachfrage, und das nicht nur in Teltow, sondern in der gesamten Region. Dieses regionale Wirtschaftsnetzwerk möchte ich gemeinsam mit einem Mitarbeiter aus der Verwaltung aufbauen, auch in Verbindung mit dem Kreis. Diese Person soll künftig als Ansprechpartner für alle wirtschaftlichen Anliegen fungieren, also als eine Art städtischer Wirtschaftsförderer.
Zudem plane ich im ersten Quartal zwei Netzwerktreffen: ein Unternehmerfrühstück und ein Vereinsfrühstück, um Unternehmen, Vereine und Initiativen besser miteinander zu vernetzen.
Trotz all dieser Vorhaben dürfen wir eines nicht vergessen: Teltow steht vor großen finanziellen Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, dass wir wirtschaftlich klug handeln und gemeinsam Wege finden, unsere Stadt stark für die Zukunft aufzustellen.
Sie sprachen es gerade an: Den Mietern im Greenpark wurde gekündigt. Kann Teltow einige der Gewerbetreibenden aufnehmen?
Das wäre natürlich eine Win-win-Situation: Die Stadt profitiert durch zusätzliche Steuereinnahmen, und die Unternehmen zahlen diese auch gerne, wenn sie einen zukunftssicheren Ort finden, an dem sie ihre Leistungen anbieten können.
Für Gewerbe und die Wohngenossenschaften in der Region möchte ich ein Leerstandsregister einführen. Wir haben nicht nur freie Flächen, sondern auch bestehende Gebäude, die derzeit ungenutzt sind, etwa die alte Villa in der Potsdamer Straße oder Objekte in der Oderstraße, zum Beispiel „Möbel Boss“.
Ich sehe meine Rolle dabei als eine Art Spinnennetz: Ich möchte Menschen, Ideen und Möglichkeiten in Teltow und der gesamten Region miteinander verbinden, damit neue Chancen entstehen für Unternehmen, aber auch für unsere Stadt insgesamt.

Hatten Sie schon Kontakt zu den Bürgermeistern der Nachbargemeinden?
Ja, die ersten Gespräche haben bereits stattgefunden und waren sehr positiv. Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf sind eng miteinander verbunden. Viele Themen, ob Verkehr, Bildung oder Infrastruktur, lassen sich nur gemeinsam anpacken.
Mir ist wichtig, diese Zusammenarbeit weiter zu vertiefen und unsere Region als lebenswerten Raum im Berliner Umland noch stärker zu positionieren. Wir müssen über die Stadtgrenzen hinausdenken. Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf gehören einfach zusammen.
Fotos: Fotostudio Teltow/Redaktion
