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Die Wälder der Region im Klimastress

Hitze, Trockenheit und Extremwetterereignisse – der Klimawandel macht auch vor ­unseren Breitengraden nicht halt. Wie geht es unserer Umwelt damit? Das Stadtblatt hat sich angeschaut, wie es um die Waldgesundheit in Brandenburg bestellt ist – und was wir tun können, um unsere Wälder fit für die Zukunft zu machen.

Die Sonne scheint durch die Baumwipfel, es duftet nach Moos. Doch der Blick nach oben offenbart die bittere Realität: Immer mehr Baumkronen lichten sich, Nadeln und Blätter fehlen, und viele Bäume wirken geschwächt. Der Waldzustandsbericht des Landes Brandenburg bestätigt: Der Gesundheitszustand der Wälder in Brandenburg hat sich im letzten Jahr weiter verschlechtert. Grund dafür sind die klimatischen Veränderungen. Was also können wir tun, um den Wald in Zukunft resilienter zu machen und gegen Klimastress zu schützen?

Der Wald in Brandenburg – ein bedrohtes Gut?

Brandenburg gehört zu den waldreichsten Bundesländern Deutschlands: Mehr als 37 Prozent des Bundeslandes sind von Wald bewachsen. Insbesondere eine Baumart prägt das Bild: die Kiefer, die mit 69 Prozent den Großteil der Landschaft ausmacht, gefolgt von der Eiche (8 Prozent der Gesamtwaldfläche) und der Buche (4 Prozent). Neben diesen Hauptbaumarten wachsen in ­Brandenburgs Wäldern auch Birken, Erlen und Robinien sowie vereinzelt Lärchen, Fichten und Douglasien. Jedes Jahr wird im Rahmen einer Waldzustandserhebung der Gesundheitszustand der Wälder überprüft. Ein wichtiger Indikator ist dabei die ­Kronenverlichtung – also der sichtbare Nadel- bzw. Blattverlust der Baumkronen.

Sarah Louisa Schmidt und ­Lukas Rolle setzten sich für einen ­vielfältigen Mischwald ein.

Zustand des Waldes in Brandenburg – Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2024

Die Waldzustandserhebung 2024 macht deutlich: Die Waldgesundheit hat sich im letzten Jahr dramatisch verschlechtert. Über ein Drittel der untersuchten Waldfläche (6.540 Bäume) zeigt Schäden – das ist doppelt so viel wie im Vorjahr. Die durchschnittliche Kronenverlichtung lag 2024 bei über 25 Prozent – ein neuer Rekord. Besonders dramatisch ist die Lage bei den Laubbäumen: 64 Prozent der Buchen und 75 Prozent der Eichen weisen deutliche Schäden auf – der schlechteste jemals gemessene Zustand.

Der Gesundheitszustand der Kiefer sieht zwar etwas besser aus, aber auch sie leidet zunehmend. Neben der Baumkronenverlichtung wurde auch eine reduzierte Blattgröße und Nadeloberfläche – die sogenannte Kleinblättrigkeit – beobachtet. Mit fatalen Folgen: Ein Verlust der Blatt- bzw. Nadelmasse sorgt nicht nur für eine reduzierte Photosyntheseleistung und ein geringeres Baumwachstum, sondern auch für eine geschwächte CO2-Speicherfunktion des Waldes.

Gründe für den schlechten Zustand des Waldes

Die aktuellen Schäden sind das Resultat jahrelanger klimatischer Belastungen. Besonders die extrem trockenen Sommer in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2022 haben den Bäumen zugesetzt. Selbst der feuchte Winter 2023/24 konnte die Wasserspeicher nur teilweise auffüllen. Lukas Rolle, Landesförster für das Forstamt Teltow-Fläming und zuständig für das Revier Ludwigsfelde, erklärt: „Der feuchte Winter im letzten Jahr hat geholfen, aber ein einzelnes Jahr reicht nicht zur Regeneration. Der Grundwasserspiegel ist immer noch nicht auf dem früheren Niveau. Wenn wir 2025 wieder einen extrem trockenen Sommer haben, dann kann sich die Situation schnell verschlechtern.“

Gründe für den schlechten Kronenzustand der Brandenburger Wälder waren außerdem Spätfröste im April 2024, die frisch ausgetriebene Blätter oder Nadeln absterben ließen, sowie anhaltende Hitzetage im Juni mit Temperaturen über 30 °C, die das Problem weiter verstärkten.

Es kommt immer häufiger vor, dass Anwohner ihre Gartenabfälle im Wald entsorgen.

So wird der Wald widerstandsfähiger

Um den Wald widerstandsfähiger gegen klimatische Veränderungen zu machen, braucht es einen umfassenden Waldumbau. Landesförsterin Sarah Louisa Schmidt, die das Revier Großbeeren leitet, erklärt, wie ein klimaresilienter Wald entstehen kann: „Unser Ziel ist der Waldumbau – weg von Monokulturen hin zu einem widerstandsfähigen, vielfältigen Mischwald. Heute haben wir oft reine Kiefernwälder, in denen alle Bäume gleich alt und groß sind. Dieser Wald ist anfällig für Schädlinge und Krankheiten.“ Das Ziel sei die Entwicklung eines Plenterwaldes: „Dabei setzen wir auf verschiedene Baumarten, verschiedene Höhen und verschiedene Altersklassen. Es soll ein strukturreicher Wald entstehen, der durch Baumartendiversität und eine Verjüngungsschicht mit jüngeren Bäumen für die Zukunft gut aufgestellt ist.“

Ihr Kollege Lukas Rolle ergänzt: „Das ist für uns quasi Risikostreuung. Wir wollen möglichst verschiedene Baumarten einsetzen, die Temperaturveränderungen besser überstehen und auch widerstandsfähiger gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer sind. Für die Zukunft setzen wir auch auf Laubbäume wie die Winterlinde, verschiedene Ahornarten oder die hitzeresistente Esskastanie.“

Den Waldumbau wollen die Förster so weit wie möglich der Natur selbst überlassen: „Unser Ziel ist es, der Natur möglichst gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie selbst einen vielfältigen Wald ausbilden kann“, sagt Schmidt. Ein Beispiel: „Wir hängen Nistkästen für Eichelhäher auf, die bei der natürlichen Verbreitung der Eiche helfen.“

Wenn es Eingriffe gibt, dann nur behutsam: „Wir nehmen nur vorsichtige Maßnahmen vor, etwa im Lichtmanagement, wo wir einzelne Bäume entnehmen, damit jüngere Bäume mehr Licht bekommen und besser wachsen können.“ Künstlicher Waldumbau sollte immer nur eine Unterstützung sein, der Großteil soll durch Naturverjüngung entstehen.

Streifzug durch den Wald

Bei einem Streifzug durch den Wald zeigen die beiden Förster die aktuellen ­Themen ihrer Arbeit. Lukas Rolle führt uns zu einem Bereich, in dem Bäume mit Plastikschutz abgedeckt sind. „Hier werden Jungpflanzen vor Wildverbiss geschützt.“ Dies sei wichtig, damit ein gemischter Wald in Zukunft erhalten werden kann. Laut dem Waldzustandsbericht seien junge Eichen und Buchen besonders von Wildverbiss betroffen, was im schlimmsten Fall zu einer „Entmischung“ des Waldes führen könnte.

Ein Plenterwald ist ein sich stetig verjüngender Dauerwald, in dem Bäume aller Dimensionen vermischt sind.

Sarah Louisa Schmidt zeigt uns anhand einer jungen Kiefer, wie die vergangenen Dürrejahre das Wachstum des Baumes beeinflusst haben. „An den Astquirlen kann man das Alter der Kiefer ablesen. Die geringen Abstände der unteren Quirle zeigen, dass der Baum in den ersten Jahren kaum gewachsen ist – eine Folge der Trockenheit der letzten Jahre. Erst der ­größere Abstand am letzten Quirl deutet darauf hin, dass 2023 ein besseres Jahr war.“

Dauerthema Müll im Wald

Das Revier der Försterin grenzt direkt an die Berliner Stadtgrenze. Die Arbeit hier sei oft herausfordernd. Gerade Waldflächen nahe der Stadtgrenze würden besonders intensiv genutzt. „Mehr Menschen bedeuten mehr Ansprüche an den Wald. Ein großes Problem ist, dass viele Anwohner ihren Gartenabfall in den Wald entsorgen. Besonders in Gebieten, in denen Grundstücke direkt an Waldflächen grenzen, kommt es vor, dass diese als inoffizielle Lagerplätze für Grünschnitt, Weihnachtsbäume oder Laub genutzt werden“, so Schmidt.

Dies könne langfristig ökologische Schäden verursachen, indem beispielsweise Gartenabfälle invasive Arten in den Wald bringen, die sich stark ausbreiten und das ökologische Gleichgewicht stören. „Ein gutes Beispiel ist der Japanische Staudenknöterich. Wenn er sich einmal ausbreitet, verdrängt er heimische Pflanzen, und man wird ihn kaum noch los. Deshalb ­appellieren wir, keine Gartenabfälle in den Wald zu entsorgen.“

Die langjährige Belastung der Wälder durch sich verändernde Umweltbedingungen zeigt ihre Wirkung.

Zukunft des Waldes

Wie also wird der Wald in 100 Jahren aussehen? Lukas Rolle ist sich sicher: „Er wird anders sein – aber er wird nicht verschwinden.“ Sarah Louisa Schmidt ergänzt: „Vielleicht wird er auch einfach niedriger sein. Heute haben die Bäume hier im Schnitt eine Höhe von 25 Metern. Wenn es heißer und trockener wird, dann sind es vielleicht irgendwann nur noch 20 Meter.“ Dennoch sei es möglich, mit gezielten Maßnahmen den Wald resilient für die klimatischen Bedingungen der Zukunft zu machen. Lukas Rolle: „Mit unserer Arbeit, die wir jetzt machen, legen wir quasi den Grundstein für die nächste Generation – das ist ­etwas, was zwar immer etwas abstrakt klingt, was mich aber in meiner Arbeit sehr erfüllt.“

Fotos: Eva Hofmann