
Nichts stinkt schöner zum Himmel: Riesige Titanenwurz im Botanischen Garten Berlin steht kurz vor der Blüte
Nach mehrjähriger Pause ist es jetzt wieder soweit: Ein Exemplar „der größten Blume der Welt“ wird voraussichtlich in den kommenden Tagen im Großen Tropenhaus des Botanischen Gartens Berlin seinen mehrere Meter hohen Blütenstand öffnen. Dieses Schauspiel ist eines der spektakulärsten in der Pflanzenwelt und eine echte Besonderheit.
Wer die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) hierbei live und in Farbe beobachten will, muss jedoch schnell sein. Das eigentliche Blühspektakel dauert nur drei Tage. Unter www.bo.berlin informiert der Botanische Garten Berlin regelmäßig über den aktuellen Stand. „Wann sich der Blütenstand genau öffnet, hängt von vielen Faktoren ab. Daher können auch wir den Zeitpunkt nicht auf den Tag vorhersagen. Aber das kann jetzt ganz schnell gehen. Unseren Schätzungen nach, könnte dieser Blütenstand mit zwei Metern oder mehr, der bisher höchste hier im Botanischen Garten Berlin sein“, so Philipp Weiner, Bereichsleiter der Warmgewächshäuser. Und er empfiehlt Besucher*innen mit sensiblen Nasen, sich zu wappnen: „Denn die Titanenwurz ist der beste Beweis dafür, dass nicht alle schönen Blumen auch gut duften. Besonders am Anfang verströmt der Blütenstand über weite Entfernungen einen intensiven Aasgeruch. Damit lockt er in der Natur Insekten an. Also, Nasenklammern nicht vergessen!“, rät Philipp Weiner mit einem Augenzwinkern. Biologisch betrachtet ist die Titanenwurz „die größte Blume der Welt“. Der bisher längste Titanenwurz-Blütenstand im Botanischen Garten Berlin war 2011 stolze 1,99 m hoch.



Was gibt’s zu sehen?
Die Pflanze ist ein Nachtblüher. Das heißt, im Laufe eines Nachmittags öffnet sich das große Hochblatt (Spatha). Es umgibt den Kolben (Spadix) und sieht dabei aus wie ein hochfliegender Rock. Die Titanenwurz gibt besonders am ersten Blühtag bzw. der ersten Blühnacht einen intensiven Aasgeruch ab. Am zweiten Tag schließt sich das Hochblatt ganz langsam und während des dritten Tages ist das botanische Schauspiel vorbei: Der Blütenstand beginnt zu welken und allmählich in sich zusammenzufallen. Nach einer Ruhezeit entwickelt die Pflanze nur ein einziges großes Laubblatt. Auch das kann mehrere Meter hoch werden und ähnelt einem kleinen Baum. Nach bis zu 24 Monaten wird das Blatt eingezogen und die Knolle macht eine Ruhepause, bevor sie erneut ein Laubblatt oder nach mehreren Jahren auch einen neuen Blütenstand austreibt.
Wann stinkt es am meisten?
Der Aasgeruch dient der Titanenwurz bei der Bestäubung. Durch das stinkende Täuschungsmanöver lockt die Pflanze Insekten in ihren Blütenstand, die für die Eiablage einen verwesenden Tierkadaver suchen. Im Blütenstand der Titanenwurz finden die Insekten jedoch keinen geeigneten Brutplatz, sondern bestäuben bei ihrem Besuch die weiblichen Blüten, die nur in der ersten Nacht Pollen aufnehmen können. In der zweiten Nacht öffnen sich die männlichen Blüten und geben ihren Pollen ab – eine perfekte Strategie, um Selbstbestäubung zu verhindern. Damit der Geruchslockstoff nicht „verduftet“, erhöht die Pflanze die Temperatur im Kolben gegenüber ihrer Umgebung. Der Blütenstand gleicht so einer „Geruchsfackel“. Während der ersten Nacht ist der Geruch besonders intensiv, danach deutlich geringer.
Stark gefährdete „Riesenblume“ aus Indonesien
Die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) ist eine mehrjährige Pflanze aus der Familie der Aronstabgewächse. Sie bildet eine unterirdische Knolle aus, die über 100 kg Gewicht erreichen kann. Meist dauert es mehrere Jahre, bis aus der Knolle ein Blütenstand hervorgeht. Dieser kann bis zu drei Meter hoch sein. Laut dem Guinness Buch der Rekorde ist es „die größte Blume der Welt“. Die Pflanze wurde erstmals 1878 in Sumatra (Indonesien) vom italienischen Botaniker Odoardo Beccari beschrieben. Sie ist in der Natur stark gefährdet, da ihr Lebensraum, der Regenwald, zunehmend zerstört wird. Die Kultur der Titanenwurz ist sehr aufwändig und eine Blüte somit ausgesprochen bemerkenswert.
Fotos: Botanischer Garten Berlin