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Gas2020

Am 29. und 30. September fand in Berlin die vom „Handelsblatt“ organisierte Tagung Gas2020 statt. Schwerpunktthemen waren unter anderem die Bewältigung der Klimakrise und der Klimaschutz, die Situation auf dem globalen Gasmarkt, die „Grünen Gase“ einschließlich Wasserstoff sowie Preise, Beschaffung und Vertrieb auf dem Gasmarkt.

Von Volkert Neef

Den hohen Stellenwert, den diese Tagung in den Reihen der Politik genießt, verdeutlicht deren Besuch durch zwei Staatssekretäre und zwei Bundestagsabgeordnete – letztere gehörten auch zu den Referenten. Jochen Flasbarth ist Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Er sagte in Bezug auf den Umweltschutz und erneuerbare Energien: „Was ist eigentlich eine ambitionierte Klimapolitik? Fridays For Future hat da andere Sichtweisen als der Eine oder Andere. Wir haben schon eine Menge auf den Weg gebracht, mehr, als das manchmal in der Öffentlichkeit bekannt ist.“

Andreas Feicht ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Er wies auf folgenden Sachverhalt hin: „Infrastrukturpolitik muss immer den Kunden sehen!“ Ein Stahlwerk brauche eine andere Energiestruktur und Energiezufuhr, nämlich eine zentrale. Im Gegensatz dazu sei die Verkehrspolitik zu sehen. Autos, die mit Strom oder Gas betrieben würden, müssten ein breit aufgestelltes Strom- und Tankstellennetz vorfinden. Kaum ein potentieller Autokäufer mit Wohnsitz in Charlottenburg beispielsweise setze auf diese Energien, wenn die Tankstellen oder Ladesäulen sich ausschließlich in Marzahn und Treptow befinden würden. Dabei sei eine zentrale Energieversorgung unabdingbar. Wer sollte sich unter diesen so ungünstigen Voraussetzungen ein E- oder Gasauto kaufen? Der Staatssekretär lieferte den Zuhörern auch gleich die Antwort mit: „Wohl kaum einer.“

Dr. Julia Verlinden ist Bundestagsabgeordnete und in der Fraktion Bündnis90/Die Grünen Sprecherin für Energiepolitik. Sie rief appellierte: „Aus der Energie-Wende muss auch eine Gas-Wende werden. Man muss Grüne Gase sinnvoll einsetzen, ihnen gehört die Zukunft.“ Es gelte auch, die „[…] aktuellen Gasmengen zu reduzieren. Außerdem muss mehr passieren, als nur den Ausbau der Wind- und Sonnenenergie zu forcieren.“

Prof. Dr. Friedbert Pflüger ist seit 2010 Direktor des European Centre for Climate, Energy and Resource Security (EUCERS) am King`s College London und zugleich Honorarprofessor an der Universität. In Berlin ist er noch sehr gut bekannt: Nach seiner Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium von 2005 bis 2006 gehörte der CDU-Politiker von 2006 bis 2011 dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Von 2006 bis 2008 fungierte er dort als Vorsitzender der Fraktion. Pflüger sprach eine andere Form von „Energiewende“ an und wie schnell die Zeiten sich gewandelt hätten: Er erinnerte daran, dass im Jahre 1928 erstmals der US-Mineralölkonzern EXXON an der Börse gehandelt worden sei. Mittlerweile sei der Öl- und Gaskonzern mit seinen weltweit fast 75.000 Mitarbeitern und einem 2019 erzielten Umsatz von über 255 Milliarden US-Dollar gar nicht mehr im bekannten Aktienindizes Dow-Jones vertreten. Ebenso erwähnte Pflüger das weltweit größte Land mit seinen fast 1,4 Milliarden Einwohnern, die Volksrepublik China. „Kohle bleibt dort die Nummer 1 in der Versorgung mit Energie. Man mag das bedauern hier, aber es ist ja so, wie es ist.“ Während sich die EU um eine Reduzierung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid bemühe und strenge Gesetze dazu verfasst habe, förderten Staaten wie China und Indonesien weiterhin die Kohle. Der Steinkohlebergbau erfolge heute dort sogar intensiver als noch vor einigen Jahren. Die klare Aussage des Redners aus London war dann auch: „Das Weltklima wird nicht in Europa gerettet.“

Timon Gremmels ist Parlamentarier und hat seinen Wahlkreis in Kassel. Er ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie und gehört der SPD-Bundestagsfraktion an. Er war auch einer der Teilnehmer an der Tagung Gas2020 und sprach dort vor den Gästen. Nach der Veranstaltung in einem Tagungshotel suchten wir den SPD-Bundestagsabgeordneten im Deutschen Bundestag auf. Timon Gremmels teilte im Pressegespräch mit: „Die Energieeffizienz von Gebäuden ist ein wichtiger Baustein, um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen. Bis 2050 soll der Gebäudesektor nämlich klimaneutral sein. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass die notwendige Transformation sozialverträglich und technologieoffen ausgestaltet wird, damit gesellschaftliche Mehrheiten, die es derzeitig beim Klimaschutz gibt, nicht gefährdet werden.“

Die vom „Handelsblatt“ durchgeführte Tagung Gas2020 zeigte viele Facetten auf und ließ bedeutende Fachleute zu Wort kommen. In diesem Zusammenhang darf betont werden, dass Deutschland vorbildlich an die Energiewende herangeht. Bereits 2018 stellte die letzte deutsche Zeche ihren Kohleabbau ein. Daher genießen erneuerbare Energien und Grünes Gas hierzulande einen noch höheren Stellenwert, als sie zuvor schon innehatten. Unsere Großeltern dachten bei Gas an einen Kochherd, allerhöchstens noch an einen Heißluftballon, der gasgetrieben sich durch die Lüfte schwingt. Dann kam später das Wort Gasheizung auf. Kaum jemand hätte damals wohl gedacht, dass man mit Gas Flugzeuge, Schiffe und Autos bewegen kann. Bereits 2008 hob sich ein Airbus A380 vom Erdboden ab, der mit dem aus dem Erdgas gewonnen Flüssigkraftstoff GTL (Gas to Liquids/Gas zu Flüssigkeiten) betrieben worden ist. Der Aussprach „Gib Gas!“ wird in Zukunft wohl eine immer größere und zukunftsträchtigere Bedeutung haben.

Foto: Volkert Neef