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Millionäre werden Frauen nur beim Tennis

„Frauenfußball ist wie Pferderennen, nur mit Eseln.“ Die deutsche Frauenfußballmannschaft ­versucht gerade, mit frechen Werbespots ­ dagegen anzukämpfen, aber Vorurteile ­halten sich bekanntermaßen hartnäckig. Die Welt des Sports bedient nicht selten Geschlechterklischees und teilt meist strikt nach männlich und weiblich. Über Wettkämpfe und sportliche Erfolge von Frauenteams wird viel seltener berichtet und viel weniger Medienrummel gemacht. Auch im Marketing finden sich große Unterschiede. Dementsprechend ­entfallen für Frauen lukrative ­Werbeverträge. Lediglich beim Tennis sie auch in finanzieller Hinsicht punkten.

Ausgerechnet beim Basketball, bei dem das gängige Klischee an hochgewachsene und energische männliche Spieler denken lässt, möchte ein Mädchen aus ­Güterfelde etwas gegen die Benachteiligung der Frauen unternehmen und Vorurteile in den Köpfen abbauen. Lilly Driesener, eine bald 16-jährige Schülerin der Internationalen Schule (BBIS) in ­Kleinmachnow, ist selbst seit ­Jahren in diesem Sport aktiv und mittlerweile mit ­ihrem Verein TuS Lichterfelde Berliner, Ostdeutsche, Norddeutsche und zuletzt sogar Deutsche U16-Meisterin geworden. Seit der vorigen Saison gehört sie zu den Shootingstars ihrer Mannschaft (Most Valuable Player) und hat dementsprechend große Pläne für ihre sportliche Zukunft. Sie plant nach der Schule eine ­Karriere in der Women’s National ­Basketball Association in einem der besten ­Collegeteams der USA und trainiert bereits dort in der Hoffnung, einem Talentscout oder bekannten Coach aufzufallen.„Vielleicht liegt Lillys Sportlichkeit darin begründet, dass ich unwissentlich schwanger den New York Marathon gelaufen bin“, meint schmunzelnd ihre ­Mutter ­Bettina ­Driesener. Es könnten aber auch die Gene vom Vater sein, der als Handballer bei den Reinickendorfer Füchsen gespielt hat. Auf jeden Fall ist Sport die große Leidenschaft von Lilly, sei es Fußball, Badminton oder eben der heiß geliebte Basketball, für den sie noch nicht einmal eine besonders bemerkenswerte Körpergröße mitbringt, dafür aber eine enorme Sprungkraft. „Der Verein ist mein Anker“, berichtet sie, ihm hat die sonst eher introvertierte Schülerin wohl ihr sportliches Selbstbewusstsein zu verdanken – und genau das möchte sie auch anderen Mädchen durch ihren Sport vermitteln. Als ersten Schritt dazu hat sie für ihren Mittleren Schulabschluss eine Arbeit mit dem Titel „Wie kann ich Mädchen dazu ermutigen, mehr Basketball zu spielen?“ verfasst, in der sie sich erste Schritte überlegte. Jetzt will sie der Theorie auch die Praxis folgen lassen und Basketball-Camps für Grundschülerinnen veranstalten. Der erste Anfang ist gemacht: Mitte Juni fand in der Sporthalle der BBIS in Kleinmachnow ein kostenloses eintägiges Trainingscamp statt, dem noch weitere und umfangreichere Aktivitäten folgen sollen. „Es wäre toll, wenn ich ganz viele Schülerinnen aus dieser Gegend zum Basketballspielen ­motivieren könnte“, sagt Lilly.

Lilly mit den Teilnehmenden ihres ersten Trainingscamps

Ein großer Förderungsbedarf besteht auch im Sport für Migrantinnen. Hier spielen Geschlechterzwänge und männlich geprägte Hierarchien noch eine weit stärkere Rolle. Beim Mannschaftstraining am Wochenende oder bei Turnieren auswärts übernachten? Geht gar nicht! Übliche Sportkleidung ohne Kopftuch tragen erst recht nicht. Die Hürden einer streng religiösen und rollenspezifischen Erziehung benachteiligen diese Mädchen enorm. Lilly hofft, trotzdem auch aus diesem Milieu Interessentinnen zu gewinnen und mit ihrem Sport mentale Grenzen zu überwinden, so wie sie selbst dadurch gelernt hat, sich zu behaupten. Auch bei ihr war es eine Person, die sie sportlich aus der Reserve lockte und die ihr Mut machte, ihr Sportlehrer Mike Williams – und genau so möchte sie Mädchen in einer wenig frauentypischen Sportart fördern.

Vielleicht sollten sich die Vereine unserer Region auch mehr um den Mädchen- und Frauensport bemühen, und zwar nicht nur in den geschlechterspezifischen Disziplinen, denn im Sport wie in vielen anderen Bereichen zählt die Vorbildwirkung besonders. Und auch die Medien sollten sich mehr um die sportliche Frauenförderung kümmern – wir machen hiermit schon mal den Anfang!

Den ausführlichen Beitrag und viele weitere interessante Artikel finden Sie im Lokal.report.

Text: kp/ Fotos (2): mk