Die S-Bahn wird 100
Am 8. August 1924 wurde die erste S-Bahn vom heutigen Nordbahnhof Berlins nach Bernau in Betrieb genommen. Dies markiert den Beginn der S-Bahn in Deutschland.
Kaum ein anderes Verkehrsmittel ist derart eng mit der deutschen Geschichte verwoben wie die S-Bahn: Krieg und Teilung haben ihre Spuren hinterlassen. Dennoch schreibt sie immer wieder ihre eigene Erfolgsgeschichte und avanciert zum Rückgrat des Schienenpersonennahverkehrs in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Im Jubiläumsjahr wird der Geburtstag der S-Bahn mit einem Festival begangen. Unter anderem wird ein Sonderzug mit Brandenburgs Verkehrsinister Rainer Genilke nach Bernau fahren, um das Jubiläum dort mit einem Fest am Bahnhof und einer Vernissage im Kantorhaus zu zelebrieren.
„Die S-Bahn ist mehr als nur Zeuge der wechselvollen Geschichte dieses Landes. Sie war und ist ein enorm wichtiger Teil des Nahverkehrs in Brandenburg und Berlin. Das zeigen auch unsere Investitionen in die S-Bahn. Sie gehört zum Leben der Menschen dazu und das seit 100 Jahren. Über Generationen hinweg hat die S-Bahn unzählige Geschichten von Menschen mitgeschrieben. Das macht sie auch zu einem emotionalen Verkehrsmittel, das sich nicht nur in Zahlen und Fakten messen lässt“, sagt Minister Rainer Genilke.
Die Geschichte der S-Bahn beginnt nicht erst im Jahr 1924. Bereits etwa fünf Jahrzehnte, nachdem die erste preußische Eisenbahn von Berlin über Zehlendorf nach Potsdam fuhr, wurden die dampfbetriebenen „Vorortzüge“ in den 1880er Jahren auf vielen Strecken mit eigenen Gleisen ausgestattet. Die Bahnen erfreuten sich großer Beliebtheit, was zu einer Expansion des Netzwerks führte. Sie fungierten folglich als Motor des Aufstiegs der Metropolregion.
Dennoch wurde bereits früh das Problem des innerhalb der Stadt beförderten Dampfes erkannt, sodass bereits zur Jahrhundertwende erste Tests mit elektrisch betriebenen Zügen auf der Wannseebahn durchgeführt wurden. Der Erste Weltkrieg führte zu einer Verzögerung der Elektrifizierung, jedoch erfolgte bereits kurz nach Kriegsende eine Expansion des elektrisch betriebenen Schienennetzes. Im Jahr 1924 wurde schließlich die erste S-Bahn in Betrieb genommen, welche vom Stettiner Vorortbahnhof, der heutigen Bezeichnung Nordbahnhof, zum Bahnhof Bernau fuhr. Die Bezeichnung „Triebwagenzüge“ wurde erstmals für die damaligen Triebwagenzüge verwendet, welche an der Endstation verkehrten. Im Jahr 1928 wurde die typische rot-gelbe Farbgebung der Züge vom „Typ Bernau“ eingeführt.
Es stellt sich jedoch die Frage, wer der S-Bahn ihren Namen gab und wofür das „S“ steht. Diese Frage konnte lange Zeit nicht abschließend beantwortet werden. Es lässt sich mit Sicherheit feststellen, dass das von Fritz Rosen entworfene grüne Symbol mit dem „S“ im Jahr 1930 eingeführt wurde. In diesem Zeitraum wurde auch die Diskussion um das „S“ offiziell beendet. Die Bezeichnung „S-Bahn“ steht für „Stadtbahn“.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die S-Bahn zunehmend zum Gegenstand politischer Einflussnahme. Während der Diktatur der Nationalsozialisten erfuhr die S-Bahn zunächst eine weitere Expansion, wobei sie jedoch zu Propagandazwecken instrumentalisiert wurde. In der Folge des Krieges stand die S-Bahn, wie große Teile des Landes, in Trümmern. Der Anteil der zerstörten oder nicht betriebsfähigen Züge belief sich auf 90 Prozent. Auch das Netz der S-Bahn wurde in Mitleidenschaft gezogen. So sprengten die Nationalsozialisten am 2. Mai den Nord-Süd-Tunnel unterhalb des Landwehrkanals. In der Folge brach das Wasser ein und ergoss sich vom Anhalter Bahnhof bis zum heutigen Nordbahnhof. Eine Vielzahl von Menschen, die Schutz vor dem Krieg suchten, ertrank.
In der Nachkriegszeit erholte sich die S-Bahn und erfuhr in den 1940er und 1950er Jahren einen regelrechten Bauboom. In diese Zeit fallen zudem die Strecken nach Bad Wusterhausen, Schönefeld, Teltow sowie die längste S-Bahn-Strecke nach Strausberg. Der Aufschwung wurde durch den Bau der Berliner Mauer jäh beendet. Diese Maßnahme führte zu einer Zerschneidung der Stadt und somit auch des Nahverkehrssystems. Im Verlauf der Jahrzehnte wurde das S-Bahn-System zunehmend marode. Erst mit der Wiedervereinigung begann die Wiedergeburt der S-Bahn, wobei auch die entstandenen Lücken geschlossen wurden.
Bis zum heutigen Tage sind bei der S-Bahn kontinuierliche Veränderungen zu beobachten. Erst jüngst wurde am S-Bahnhof Hohen Neuendorf eine Anlage für den kombinierten Fahrrad- und Bahnverkehr (Bike-and-Ride) ihrer Bestimmung übergeben. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Angebote im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs weiter ausbauen“, betont Minister Rainer Genilke. Die Schiene spielt für das Land Brandenburg eine signifikante Rolle. Ein wesentlicher Aspekt unserer Strategie ist der signifikante Ausbau der Angebote in den Netzen. Als Beispiel sei hier die Angebotserweiterung im Netz Elbe-Spree um 30 Prozent angeführt. Auch die S-Bahn findet Berücksichtigung in den Ausbauplänen. Unter anderem im Rahmen des Infrastrukturprojekts i2030, welches im S-Bahnnetz mehrere Maßnahmen bündelt und in dieser Form bislang einzigartig ist. Als Beispiel für die geplanten Infrastrukturmaßnahmen sei hier die Einführung von 10-Minuten-Takten auf den Außenästen genannt. Des Weiteren werden in den übrigen Teilkorridoren des Projekts i2030 weitere S-Bahn-Verlängerungen, wie beispielsweise die nach Stahnsdorf und nach Falkensee, in der Planungsphase untersucht.

„Wenn die Menschen auf den ÖPNV und speziell auch auf die Schiene umsteigen sollen, ist es wichtig, dass das Angebot überzeugend ist. Dazu gehört das gesamte Paket: Neben Verbindungen und dem Takt gehören dazu Tickets, digitale Serviceketten und auch Komfort – sowohl beim Umsteigen mit Bike-and-Ride und Park-and-Ride-Anlagen als auch Komfort in den Zügen selbst“, sagt Minister Genilke. Daher werden auch die Züge der S-Bahn regelmäßig einer Evaluierung unterzogen, um potenzielle Optimierungen zu identifizieren. Im September des vergangenen Jahres wurde der letzte von insgesamt 106 neuen Zügen in Betrieb genommen. Es handelt sich hierbei um die letzten Fahrzeuge der Baureihe 483/484. Künftig ist eine Verlängerung der Zuglänge sowie eine Steigerung der technischen Leistungsfähigkeit vorgesehen. Es ist vorgesehen, dass die S-Bahn-Flotte ab dem Jahr 2027 um 1.000 neue Wagen erweitert wird.
Genau einhundert Jahre nach der ersten Fahrt der elektrifizierten S-Bahn nach Bernau, am 8. August, beginnt ein viertägiges Festival. Des Weiteren werden im Rahmen des Geburtstagsfestes der S-Bahn diverse kulturelle Veranstaltungen angeboten. Darüber hinaus werden im Technikmuseum sowie an weiteren Orten Ausstellungen präsentiert. Ein besonderes Ereignis stellen die Sonderfahrten am 8. August dar. „Ich freue mich schon auf die Sonderfahrt nach Bernau, wir fahren genauso, wie es vor 100 Jahren war“, sagt Minister Rainer Genilke. In Bernau richtet die Stadt mit Unterstützung des MIL und des VBB ein Fest am Bahnhof aus. Zudem eröffnet Minister Rainer Genilke eine Ausstellung zur S-Bahn-Geschichte im Kantorhaus.
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