„Wir dürfen kein Gewerbe verlieren“
Am 26. Januar wählt Kleinmachnow einen neuen Bürgermeister. Wer zieht im April ins Rathaus ein? Markus Schmidt (SPD), Alexandra Pichl (Grüne) oder Bodo Krause (CDU/FDP)? Und welche Schwerpunkte setzen die beiden Kandidaten und die Kandidatin? Das Teltower Stadt-Blatt hat sie zum Gespräch getroffen. Hier können Sie hier das Interview mit Alexandra Pichl lesen.
Alexandra Pichl
Alter: 46 Jahre
Beruf: Kommunikationsberaterin
Familienstand: verheiratet, zwei Kinder
Teltower Stad-Blatt: Warum sind Sie die richtige Bürgermeisterin für Kleinmachnow?
Alexandra Pichl: Meine Familie lebt seit den 50er Jahren in Kleinmachnow. Ich kenne den Ort seit frühester Kindheit, erinnere mich zum Beispiel, dass es zu DDR-Zeiten in Kleinmachnow keine einzige Ampel gab. Ich habe alle Veränderungen in der Gemeinde miterlebt – von den Menschen, die nach der Wende ihre Häuser verlassen mussten, bis zum Bau des neuen Rathausmarktes. Ich möchte meine Erfahrungen in die Gestaltung Kleinmachnows einbringen und die Gemeinde noch lebenswerter und familienfreundlicher machen. Ich möchte, dass die Menschen Kleinmachnow als ihre Heimat empfinden und sich für ihren Ort engagieren.
Kleinmachnow war bis vor kurzem die reichste Gemeinde Brandenburgs. Inzwischen muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Wo liegt da der Reiz, Bürgermeisterin einer solchen Gemeinde zu sein?
Kleinmachnow hat das Potenzial, seinen Haushalt nachhaltig zu sanieren. Ich stelle mir dafür einen Austausch mit der Wirtschaft, z. B. durch einen Unternehmerstammtisch, vor, wo Probleme diskutiert und gelöst werden. Es muss eine Stelle in der Verwaltung geben, die explizit für Wirtschaftsansiedlung und -förderung zuständig ist. Dabei geht es nicht nur um den Europarc. Großes Potenzial liegt in der Gründerszene und in den vielen Gewerbetreibenden im Ort, vom Metzger bis zur Autowerkstatt. Wir dürfen kein Gewerbe verlieren!
Was ist Ihr Arbeitsansatz?
Ich komme aus dem IT- und Marketingbereich und schätze den kooperativen Ansatz, als Führungsperson, aber auch im Umgang mit Partnern. Als neue Bürgermeisterin will ich daher zunächst alle Institutionen, Gewerbetreibenden und Vereine kennenlernen und das Wildschweinproblem mit Hochdruck angehen. Ich war mit Jägern auf der Pirsch, um mir ein Bild von der Lage zu machen. Es würde die Arbeit der Jagdpächter erleichtern, wenn sie wie in Berlin Schrot schießen dürften. Aber das ist in Brandenburg nicht erlaubt. Wir müssen unsere Jäger mit der besten Technik für die Jagd unterstützen – mit Nachtsichtgeräten, Kameras und Fahrzeugen. Auch die Möglichkeit der Abschussprämie kann weiter ausgeschöpft werden. Ein weiteres Problem ist das Parken in engen Straßen. Hier sind kreative Stadtplaner gefragt. Am wichtigsten ist es natürlich, die Menschen, die in diesen Straßen leben, zu Wort kommen zu lassen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Pflege um die Senioren. Auf meine Initiative wurden bereits die Stellen der Pflegekoordinatoren geschaffen, die über die Akademie 2. Lebenshälfte ihre Arbeit verrichten und zu 80 Prozent vom Land gefördert werden. Doch es gibt noch viel zu tun, denn bisher haben z. B. nur fünf Prozent der Anspruchsberechtigten in Kleinmachnow sog. wohnumfeldverbessernde Maßnahmen beantragt. Das kann zum Beispiel eine bodengleiche Dusche oder ein Haltegriff im Bad sein. Das sind geförderte Maßnahmen, die das Leben im Alter erleichtern. Die Pflegekoordinatoren haben u. a. die Aufgabe, die Senioren auf diese wohnumfeldverbessernden Maßnahmen hinzuweisen. Außerdem sehe ich in der Digitalisierung der Verwaltung viel Verbesserungspotenzial und denke, dass eine Kleinmachnow-App, die alle Leistungen der Verwaltung übersichtlich zusammenfasst, einen Veranstaltungskalender und aktuelle (Verkehrs-)Meldungen beinhaltet, helfen könnte.
Wie wollen Sie mit dem Thema Schließung der Seebergschule umgehen?
Ich bin entschieden gegen die Schließung der Schule. Die Grundschule muss bleiben. Ab dem Schuljahr 2025 / 2026 zunächst einzügig. Der frei werdende Klassenraum soll für den Hort genutzt werden. Die Fläche neben dem Karat käme der Maxim-Gorki-Gesamtschule zugute. Über den Landkreis soll eine zügige Baugenehmigung erwirkt werden, um in Modulbauweise relativ schnell den dringend benötigten Raum zu schaffen. Trotzdem sind noch weitere Investitionen an der Maxim-Gorki-Gesamtschule notwendig.
Was ist Ihre Position zum Bau der neuen Feuerwache?
In der Dimension, in der die Feuerwache jetzt geplant ist, können wir sie nicht bauen. Ich war vor Ort und ja, die Feuerwehr braucht dringend mehr Platz, aber man könnte die alten Gebäude des Bauhofes in das Projekt mit einbeziehen. Das würde eine Umplanung erfordern, die aber mittelfristig viel Geld sparen könnte.
Haben Sie eine Vision für den ÖPNV?
Ich bin eine Befürworterin der Stammbahn, und wenn es soweit ist, muss die Bevölkerung frühzeitig in die Gestaltung des Umfeldes einbezogen werden, von den Park- und Stehplätzen bis zur optimalen Beleuchtung der Flächen. Doch bis die Stammbahn kommt, müssen andere Mobilitätskonzepte erprobt werden. Eine Jelbi-Station am Bahnhof Wannsee wäre eine gute Option. Auch autonomes Fahren kann man ausprobieren, zumal es in Berlin Firmen gibt, die daran forschen. Vor allem sollten wir keine Angst vor Fehlern haben. Das kennen wir aus der Wissenschaft. Der erste Versuch ist selten ein Erfolg. Wir müssen so lange testen, bis wir die beste Lösung gefunden haben. Das gilt für alle Bereiche.
Foto: Konstantin Börner