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Neues Hobby gesucht? Wie wäre es mit Oma?

Vom 5. März bis 2. April bilden die Akademie 2. Lebenshälfte und das Philantow in einem sechsteiligen Kurs Babysitter der Generation 50+ aus. Sie sind sich nicht sicher, ob das etwas für Sie ist? Dann sollten Sie unsere Reportage lesen. Vor etwa einem Jahr hat der Lokal.report eine Wunschgroßelternfamilie besucht:

Auf dem Esstisch liegen Bücher, Hefte und Federtaschen. Aaron tüftelt an der letzten Matheaufgabe, während Leah ihre liebe Mühe mit der Englischaufgabe hat. Mit den Hausaufgaben haben es der Siebenjährige und seine vier Jahre ältere Schwester heute besonders eilig, denn es ist Donnerstag. Und das ist der wöchentliche Besuchstag von „Wunschoma“ Martina. Zusammen mit der 61-Jährigen wird dann draußen im Garten geschaukelt, Fußball gespielt, drinnen gebastelt oder es werden gemeinsam Ausflüge unternommen.                   

Lange Warteliste für Eltern  

Vor vier Jahren hat Martina das Babysitten zu ihrem Hobby gemacht. In Aaron und Leah hat sie Ziehenkel gefunden, für die sie eine großmütterliche Bezugsperson ist. Ihre Betreuung genießen die Kinder, denn ihre richtigen Großeltern wohnen zu weit weg, um mal einen Nachmittag vorbeizukommen. Die Eltern Claudia und Jonathan haben sich kurz nach Aarons Geburt für das Programm „Wunschgroßeltern“ beworben, das die Akademie 2. Lebenshälfte und das Familienzentrum „Philantow“ in ­Teltow 2008 ins Leben gerufen haben. Dabei kümmert sich eine ältere Frau, ein Mann oder auch ein Paar ein bis zwei Mal in der Woche um eines oder mehrere Kinder einer Familie, geht mit ihnen auf den Spielplatz oder in den Zoo oder hilft ihnen bei den Hausaufgaben – ganz so, wie es Großeltern eben machen.

„Wir waren gerade nach Teltow gezogen, da habe ich in der Zeitung von dem Programm gelesen“, erinnert sich Claudia, die mit ihrer Familie in Teltow lebt. Sie hinterließ Lebenslauf und Fotos – dann hörte sie erst einmal eine ganze Weile nichts. „Nach eineinhalb Jahren habe ich nachgefragt, was aus meiner Bewerbung geworden ist. Da bat man mich um noch etwas Geduld. Es gab eine enorm große Nachfrage für diese Art der Kinderbetreuung, aber zu wenig Wunschgroßeltern.“

Neue Aufgabe

Und so vergingen noch einmal zweieinhalb Jahre, bis sich Martina bei der Familie meldete. Die 63-Jährige war nach dem Auszug ihrer jüngsten Tochter auf der Suche nach einer neuen Aufgabe und hatte gerade den Babysitter-Kurs 50+ an der Akademie 2. Lebenshälfte beendet. „Als die letzte meiner drei Mädchen aus dem Haus war, ist es dort ganz schön leise geworden. Ich brauchte ein schönes neues Hobby. Wunschoma erschien mir da sehr passend.“ Lange musste Martina nicht auf ihren ersten Einsatz warten.

Die Chemie muss stimmen

„Wir haben uns erst einmal zum Beschnuppern zum Kaffee verabredet, aber nach den ersten paar Minuten war eigentlich schon alles klar. Wir hatten sofort das Gefühl, dass wir uns schon ewig kennen“, erinnert sich Claudia. Und auch bei den Kindern stimmte die ­Chemie. Bei der Erinnerung an das erste Treffen muss Claudia schmunzeln. „Aaron dachte am Anfang, von einer Wunschoma könnte er sich alles wünschen, was er haben möchte.“

Zwar erfüllt Martina Aaron und seiner großen Schwester gerne den einen oder anderen Wunsch, aber zu ihrer Aufgabe gehört es manchmal auch „Nein“ zu sagen. Etwa dann, wenn Aaron lieber draußen Fußball spielen will, statt seine Hausaufgaben zu machen.

Ganz besondere Tage

Meistens aber nutzen Martina und die Kinder „ihren“ Tag, um etwas Schönes zu unternehmen. Manchmal holt Martina die Kinder von der Schule oder aus dem Hort ab, ein anderes Mal von zu Hause. Dann fährt sie mit ihnen zum Schwimmen, in die Bibliothek oder ins Kino. Im Sommer hat das Gespann viele Ausflüge unternommen. „Wir waren Heidelbeeren pflücken in Klaistow, auf Karls Erdbeerhof oder im Jump House in Berlin Trampolin springen. Wir denken uns immer schöne Sachen aus“, sagen die Kinder.

Weil Aaron und Leah inzwischen so unterschiedliche Interessen entwickelt haben, dass die Auswahl der Aktivitäten schwer fällt, bekommt jedes Kind einen ganzen Tag allein mit Martina, jede Woche wird gewechselt. Wenn Schulferien sind, hat auch Martina Ferien. Das heißt aber nicht, dass sie dann nichts von „ihren“ Kindern hört. „Sie schreiben mir Postkarten oder basteln mir ­etwas. Das ist schon schön, dass sie dann trotzdem an mich denken.“ Auch bei der Einschulung von Aaron im vergangenen Jahr war Martina dabei oder hat mit der ­Familie Halloween gefeiert.

Zeitlich flexibler

Die Vorteile einer großelterlichen Bezugsperson erkennen immer mehr Eltern, die wie Claudia und Jonathan beruflich stark eingebunden sind. Wunschgroßeltern bringen mehr zeitliche Flexibilität mit als Jugendliche, denn sie haben auch vormittags Zeit, und noch viel wichtiger: ­„Martina hat viel Lebenserfahrung, sie hat ja selbst drei Töchter großgezogen“, erklärt Claudia. „Sie hat mir inzwischen auch schon öfter geholfen, wenn ich einen Rat brauchte. Wenn man auf dem Dorf groß geworden ist, dann ist immer jemand aus der Familie da, um zu helfen. Aber so ist das heute nicht mehr. Darum finde ich das Wunschelternprojekt klasse.“

Auf der anderen Seite ist das ­Interesse bisher leider nicht ganz so groß. Im vergangenen Jahr haben sich zwar elf Männer und Frauen zum Babysitter 50+ ausbilden lassen, viele scheinen aber die große Verantwortung zu scheuen, die sie in einer solchen Aufgabe sehen. „Manchmal reicht es auch, einfach nur da zu sein“, weiß Martina. Wichtig sei es, zusammen mit den Eltern eine gemeinsame Basis für die Erziehung zu finden. „Man sollte sich schon gegenseitig Vertrauen entgegenbringen“, so Claudia.

„Bei den Erziehungsfragen ticken wir ähnlich, Claudia und ­Jonathan machen vieles so, wie wir es damals gemacht haben. Die Kinder sind gut erzogen“, sagt Martina. Claudia nickt: „Man muss sich nur vorher absprechen und im Gleichklang handeln. Nicht, dass der eine Hüh sagt und der andere Hott. So macht man das ja sonst auch in der Familie – und ­Martina gehört dazu.“

Geben und nehmen

Auch Martina sieht die Zeit mit ihren ­Ziehenkeln als Bereicherung. „Es hält jung, wenn man gebraucht wird und gibt einem auch viel Selbstvertrauen. Ich gebe ja nicht nur, ich bekomme auch viel zurück und habe selbst schon einiges dazu gelernt. Die Kinder haben mir zum Beispiel gezeigt, wie man mit WhatsApp umgeht und Schach am Computer spielt.“ Jonathan betont, dass die Familie Martina nicht nur als kostenlosen Babysitter sieht, sondern als Familienmitglied. „Martina ist zu nichts verpflichtet. Wir freuen uns, dass sie da ist.“

Hier geht’s zur Anmeldung

Die Anmeldung für den Babysitter 50+-Kurs ist ab sofort möglich, die Gebühr beträgt 25 Euro. Jeweils von 10:00 bis 13:30 Uhr lernen die Teilnehmenden alles, was sie heute für die Betreuung von Kindern brauchen. Weitere Informationen erhalten Interessierte bei Beate Lisofsky, Koordinatorin für das Ehrenamt bei der Akademie 2. Lebenshälfte, unter der Telefonnummer 03328 33 10391 oder per E-Mail an ehrenamt-tks@lebenshaelfte.de.

Text/ Foto: Andrea Nebel