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4.000 Seiten für Teltow – Manfred Pieske, der Vater des Stadt-Blatts, ist von uns gegangen

Am 17. Mai ist der Kulturwissenschaftler, Lektor, Schriftsteller, Heimatforscher, Verleger und Journalist Manfred Pieske verstorben. Er hatte 1993 den Teltower Stadt-Blatt Verlag gegründet.

Als Sohn eines Maschinenbauers und einer Bäuerin wurde Manfred Pieske am 2. August 1937 in Bernau geboren. Während des Zweiten Weltkrieges lebte er bei den Großeltern in Pommern, nach dem Einzug der Roten Armee floh die Familie Richtung Dresden, dann siedelte sie nach Berlin über. Pieske wusste früh, was er wollte. Mit zehn Jahren entschied er: Ich werde Schriftsteller. Er machte eine Lehre als Buchhändler und arbeitete fünf Jahre bei großen Berliner Verlagen. 1968 begann er mit dem Studium der Kulturwissenschaft, 1973 schloss er es mit Auszeichnung ab. Sein erster Roman hieß „Luftschlösser“ und erschien 1975, es folgten mehrere Erzählungen, 1980 der Roman „Schnauzer“. Der wurde sogar von der DEFA verfilmt, dann aber verboten. „Ich habe ich mich gewundert, wie das Buch durch die Zensur gekommen ist. Darin habe ich mir schon einige Frechheiten erlaubt.“ Auch „Traumfrau“ aus dem Jahr 1988 sollte verfilmt werden, doch daraus wurde nichts. Ab 1980 arbeitete Pieske zusätzlich als Lektor. Die Anstellung verlor er mit der Wende, kam aber schnell beim Harenberg Verlag freischaffend unter.

1986 erbten die Pieskes ein Haus in Stahnsdorf und zogen dort trotz der Schwierigkeiten, die die hiesigen Behörden machten, einfach ein. Sein Kommentar: „Ich hatte schon immer einen Hang zur Kleinstadt.“

Kurz nach der Wende wagte sich Pieske an das Experiment Journalismus. Er war sich nicht sicher, ob es in der Region Teltow-Stahnsdorf-Kleinmachnow genügend Stoff zum Schreiben gab. Eine unbegründete Sorge, diese kleine Stadt Teltow war ein wahrer Dampfkessel für ihn, es gab in Hülle und Fülle zu berichten. Investoren kauften Flächen auf. Und andere streitbare Großthemen damals: das Sabersky-Erbe in Seehof, die Sanierung der Altstadt, das Baugeschehen, die parteipolitischen Kämpfe mit der damaligen Vermutung, Teltow sei nicht regierbar.

Pieske schrieb, was er sah und hörte. Er besuchte jeden Ausschuss und fast jede Versammlung. Er hakte nach, auch wenn es ungemütlich wurde, nahm kein Blatt vor den Mund und ließ sich von niemandem instrumentalisieren. „Eine spannende Zeit, ich merkte gar nicht, wie ich weggedriftet bin von der Schriftstellerei.“ Es ging ungeheuer spannend zu. Programmiert war bald Krach, denn der erste Bürgermeister nach der Wende, Valentin Groth, verlangte eine zahme Berichterstattung über das Stadtgeschehen. Doch Pieske schrieb, was er recherchiert hatte, kam der Aufforderung des Bürgermeisters nicht nach, ihm die Texte vor der Drucklegung vorzulegen. Auf Dauer konnte das nicht gut gehen, Pieske sah sich schon nach einer neuen Stelle um.

Manfred Pieske im Garten seines Hauses in Stahnsdorf.

Als die Stadtverordneten davon Wind bekamen, boten sie ihm die Privatisierung des Stadt-Blatts an. Das ging alles sehr schnell. Gemeinsam mit dem Berliner Verleger Horst Meyer gründete er die „Teltower Stadt-Blatt GmbH“ und fortan erschien monatlich eine Ausgabe mit brisanten Nachrichten aus der Rübchen-Stadt. „Druckfrisch und lügenfrei“ hieß es seitdem am Wochenmarktstand des Stadt-Blatts, eine Erfindung von Eberhard Derling, der dies stimmgewaltig den Leuten zurief, und so für Absatz sorgte. „Und er hatte ja nicht unrecht“, sagt Pieske. „Gepflegt wurde von der Redaktion ein kritischer Journalismus, und der kam bei den Bürgern der Stadt an. Gelegentliche Anfeindungen der Redaktion wurden weggesteckt und die nächste Ausgabe in Arbeit genommen.“ Meinerseits ging es dabei stets fair und faktisch zu, ich habe nie Krieg gespielt. Insgesamt sind von mir um die 4.000 Seiten für die Leser der Region geschrieben worden.“

Nach zehn Jahren hatte er das Gefühl, es ist jetzt gut. „Pieske wollte nicht mehr,“ sagt Pieske von sich selbst.“ Er verkaufte den Verlag an Andreas Gröschl, verabschiedete sich aber erst nach weiteren zehn Jahren als freier Schreiber ganz aus dem Zeitungsgeschäft. Seiner Frau zuliebe. Und da blieb plötzlich wieder Zeit zum Schreiben. 2010 erschien der Geschichtenband „Als Teltow neu erfunden wurde“. „Auch hier habe ich kein Blatt vor den Mund genommen, alles authentisch belassen, bis hin zu den Namen der handelnden Personen. „So rechnete ich sogar mit der einen und anderen Klage. Ein SPD-Abgeordneter, der einige ironische Bissigkeit einstecken musste, hatte sogar die Größe, mir mitzuteilen: “Was Sie geschrieben haben, hat seine Richtigkeit.“

Fotos: Redaktion