TeltowUnterhaltung

Weihnachtsverkauf auf dem Sonnenhof

Am 2. Dezember verwandelte sich der Sonnenhof auf dem Gelände des Diakonissenhauses in eine Weihnachtswelt. Von 14.00 bis 19.00 Uhr erwarteten die Besucher Eigenprodukte aus der Werkstatt, Schwibbögen mit regionalen Motiven, Adventskränze, Weihnachtsgestecke, Weihnachtssträuße und vieles mehr. Höhepunkt war das Aufziehen des Adventssterns und das gemeinsame Singen von Adventsliedern.

Schon seit Wochen herrschte eine entspannte und fröhliche Atmosphäre in der Werkstatt auf dem Gelände des Teltower Diakonissenhauses, wo die Vorweihnachtszeit bereits im September begonnen hatte. Seitdem wurde fleißig an den verschiedenen Weihnachtsartikeln gearbeitet, von denen nun einige am Vorabend des ersten Advents auf dem hauseigenen Weihnachtsmarkt verkauft wurden.

Lieder zum Sternaufziehen auf dem Sonnenhof.

Am Samstag waren alle eingeladen, die einen urigen Weihnachtsmarkt suchten, der nicht überkommerzialisiert oder mit industrieller Massenware vollgestopft ist. Verkauft wurden ausschließlich selbst hergestellte Produkte wie handgebundene Adventkränze, Köstlichkeiten aus der eigenen Imkerei und dem Kräutergarten. Natürlich gab es auch einen Glühweinstand, ein Adventssingen um 15.30 Uhr, ein Bastelprogramm für Kinder, Stockbrotbacken am offenen Feuer und viele weitere Überraschungen für Groß und Klein. Am begehrtesten sind sicherlich auch in diesem Jahr wieder die Schwibbögen, an denen seit Monaten geschnitten, geschliffen und geklebt wird. „Wir sind sozusagen Design- und Produktionswerkstatt in einem“, erklärt Joachim Kettner, der die Werkstätten seit 1995 leitet und uns die fünf diesjährigen Schwibbogenmotive vorstellt: das Mutterhaus auf dem Diako-Gelände in Seehof, die St. Andreaskirche in Teltow, die Friedhofskapelle auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf, die Schleuse in Kleinmachnow und die Zisterzienserkirche in Lehnin. Bei aller Regionalität sind sie, passend zur Jahreszeit, „erzgebirgisch angehaucht“, so Joachim Kettner. Die Idee, hier Schwibbögen mit Motiven aus der Region herzustellen, kam ihm passenderweise im Baumarkt. Dort ärgerte er sich über die billigen und schlecht gemachten Schwibbögen aus China und dachte: „Das können wir besser“.

Und es ist ein Stern aufgegangen.

Die große Herausforderung des Projektes bestand zum einen in der Entwicklung der Idee sowie der damit verbundenen grafischen Umsetzung, erinnert sich Joachim Kettner. Etwas künstlerisches Geschick sei dabei sicherlich hilfreich, so der Werkstättenleiter, der in seiner Freizeit gern Naturmotive und Flusslandschaften in Öl auf Leinwand malt. Dieses Hobby habe ihm beim Entwerfen der Vorlagen für die Schwibbögen geholfen. „Und manchmal ist das Improvisieren ja auch eine Kunst“, so der 63-Jährige verschmitzt. Außerdem mussten die Fertigungsprozesse und Technologien vor Beginn so umgestaltet werden, dass die Beschäftigten nach ihren Möglichkeiten auch damit umgehen und so am Beschäftigungsleben in der Werkstatt teilhaben können.

Der Produktionsprozess beginnt, wie heute fast überall, am Computer. Hier entwirft der Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik die künstlerischen Vorlagen und Motive, die dann von einem Laser je nach eingestellter Lichtleistung in das Holz gebrannt und bei Bedarf auch ausgeschnitten werden. Dabei fährt der Laser jeden einzelnen Strich der Vorlage exakt auf dem Holz ab. Je nach Komplexität und Größe der Motive dauert dies nur wenige Minuten. Zuvor wird die Fokussierlinse von Hand mit einem speziellen Lösungsmittel von Rauch und Staub befreit, damit sie beim Erhitzen nicht zerspringt. Auch an die Arbeitssicherheit muss Joachim Kettner denken, wenn er das Gerät bedient. Niemand darf ohne Schutzbrille im Raum sein, wenn der Laser eingeschaltet wird. Für den Umgang mit dem Gerät hat der Werkstattleiter einen Lehrgang bei der Industrie- und Handelskammer in Potsdam absolviert und ist nun Laserschutzbeauftragter. Er zeigt auf die dunklen Flecken und Ränder an den Schnittkanten der Holz-elemente: „Das ist der sogenannte Schmauch.“ In aufwendiger Handarbeit wird dieser nun abgeschliffen. Eine Sisyphusarbeit für die filigranen Motive, denn man muss aufpassen, dass die winzigen Details wie die Schwänzchen der Wildschweine nicht beschädigt werden. Die Aufsätze für die Fensterbänke, auf die die Bögen gestellt werden können, damit sie trotz Fensterrahmen von außen gut zu sehen sind, werden in den Motiven Vierbogenbrücke, Bergwerk oder Bäkemühle mit Mühlrad gefertigt. Bei letzterer werden einzelne Elemente sogar im 3D-Druckverfahren aus holzbasiertem Kunststoff oder Kartoffelstärke hergestellt und anschließend in die Holzlandschaft eingefügt.

Die Schwibbögen greifen Motive aus der Region auf.

Seit 1972 gibt es auf dem Campus des Evangelischen Diakonissenhauses im Stadtteil Seehof eine von der Agentur für Arbeit nach dem Recht der Arbeitsförderung anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen. 200 Beschäftigte sind hier ­tätig, die von 35 Mitarbeitenden betreut werden. In den Werkstätten gibt es die Arbeitsbereiche Mechanische Werkstatt, Garten- und Landschaftsbau, Gebäudereinigung, Großküche, Wäscherei und Kräutergarten. Hier werden die Beschäftigten entsprechend ihrer individuellen Besonderheiten gezielt gefördert und gefordert. Voraussetzung für die Aufnahme ist die Kostenübernahme durch den jeweils zuständigen Rehabilitationsträger. Im Kräutergarten arbeiten zum Beispiel 12 Beschäftigte unter Anleitung eines Gruppenleiters auf einer Fläche von einem Hektar. Neben heimischen und exotischen Kräutern werden Obst und Gemüse aus kontrolliert biologischem Anbau angeboten. Im angeschlossenen Hofladen werden auch selbst hergestellte Produkte wie Kräutersalz, Kräuteressigprodukte, Kräutertees, Fruchtaufstriche und Honig von den eigenen Bienenvölkern verkauft.

Die Schwibbögen sind eng mit der Geschichte des Erzgebirges verbunden. Die Bergleute sahen vor allem im Winter kaum Tageslicht. Deshalb sollten die aufgestellten Kerzen ihre Sehnsucht nach Licht stillen. Auch die vorhandenen Motive auf den Schwibbögen stammen aus der Welt der Bergleute, wobei der älteste Schwibbogen eher darauf hindeutet, dass der Lichterbogen hier vor allem den Himmelsbogen symbolisiert. Diese Bögen waren entweder mit der Sonne, dem Mond oder den Sternen verziert. Andere Schwibbögen zeigen die Form eines Stolleneingangs. Kerzen werden heute wegen der Brandgefahr nicht mehr verwendet. Dafür aber elektrische Lichter. In der Werkstatt auf dem Gelände des Teltower Diakonissenhauses wird ganz zum Schluss eine speziell für die Teltower Schwibbögen konfektionierte LED-Beleuchtungstechnik integriert. Dabei handelt es sich ausschließlich um Steckverbindungen. So können die Mitarbeitenden lötfrei arbeiten. Per Fernbedienung kann die Lichtfarbe gewechselt werden: rot, grün, blau, violett und warmweiß.

Seit 1972 gibt es auf dem Campus des Evangelischen Diakonissenhauses im Stadtteil Seehof eine von der Agentur für Arbeit nach dem Recht der Arbeitsförderung anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen.

In den Werkstätten wird versucht, „Menschen, die früher als nicht bildungs- und berufsfähig galten, über spezifische Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie über Respekt und Zuwendung den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen“, sagt der Werkstättenleiter. Das gelinge zwar „nur“ einer kleinen Anzahl von Mitarbeitenden im einstelligen Prozentbereich, räumt Joachim Kettner ein. Ein großer Knackpunkt sei, auf dem ersten Arbeitsmarkt Betriebe zu finden, die das Leistungspotenzial der Menschen trotz ihres Handicaps sehen und diese als Beschäftigte annehmen. „Doch jedes Mal, wenn wir den Übergang für eine oder einen unserer Mitarbeitenden schaffen, ist das der schönste Lohn für unsere Arbeit hier.“

Fotos: Redaktion