KulturStahnsdorf

Ralph Arthur Roberts: „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“

„Ralph Arthur Roberts? Nie gehört!“ Das dürfte zwar auf den Namen zutreffen, aber ganz sicher nicht auf seine bekannteste Komposition: „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“. Auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof hat der Schauspieler und Regisseur seine letzte Ruhe gefunden.

Am 02. Oktober 1884 freuen sich die Bäckersleute Carl Robert Schönherr und seine Ehefrau Berta Elisabeth über die Geburt eines Jungen, den sie Ralph Arthur taufen. Die Familie zieht bald aus dem sächsischen Meerane nach Dresden um, nicht zuletzt wegen der besseren Berufschancen für Vater und Sohn, der sich schon als Schüler für die Bühne interessiert und gern Theaterintendant werden möchte. Zunächst besucht er das Gymnasium in der Dresdner Neustadt – und wird von der Schule verwiesen, wegen „unziemlicher“ Tätigkeit als Statist beim Albert-Theater. Andere Eltern hätten damals wahrscheinlich mit Strafen reagiert, nicht so die Schönherrs: Sie ermöglichen ihrem Sohn den Besuch der Theaterakademie, einer von Professor Adolf Winds geleiteten Schauspielschule. Parallel dazu nimmt Ralph auch Kompositionsunterricht am Dresdner Konservatorium. Nach erfolgreicher Schauspielprüfung erhält er 1903 sein erstes Engagement in Wiesbaden, wo er zwei Jahre am Residenztheater bleibt. Nach kurzen Gastspielen in Berlin und in Breslau erhält er 1909 am Thalia-Theater in Hamburg ein festes Engagement. Dort gehört er nicht nur als Schauspieler fest zum Ensemble, sondern wird auch Nachfolger des bekannten Oberspielleiters Leopold Jessner. Den Nachnamen hat er inzwischen zu „Roberts“ geändert, nach dem zweiten Vornamen seines Vaters.

Erfolgreich auf der Bühne und im Film

Henny Potten und Ralph Arthur Roberts in einem Stummfilm. Bild: Virtual History Gemeinfrei

Während des Ersten Weltkriegs dient Roberts als Offizier und kehrt danach ans Thalia Theater zurück. Seine begonnene Karriere kann er nahtlos fortsetzen, dennoch zieht er 1921 nach Berlin, wo er nicht nur an der Seite von Operettenstar Fritzi Massary große Triumphe feiert, sondern auch zeitweise die Direktion des Komödienhauses übernimmt. 1928 kann Roberts endlich sein eigenes Haus führen, das direkt neben dem Metropoltheater (heute: Komische Oper) gelegene Theater in der Behrenstraße. Dort ist er Hauptdarsteller, Direktor und Autor in einem. Die Neue Zürcher Zeitung schrieb 1934 nach einer Premiere: „Hut ab vor dem Schauspieler Roberts, der frei von allen durch die Filmerei gezeitigten Grimassen sich diesmal eine wohltuende Zurückhaltung angelegen sein lässt und nicht nur zum Gaudium seines Stammpublikums zeigt, ein wie vorzüglicher Komödienspieler er sein kann.“

Inzwischen war er nämlich ein sehr erfolgreicher Star vor der Kamera, zunächst in 27 Stummfilmen, später in Tonproduktionen. Roberts konnte als seriöser Charakterdarsteller überzeugen, so in der Erstverfilmung der „Buddenbrooks“ (1923) von Thomas Mann. Allerdings war er oft auf die etwas verschrobenen, komischen Figuren festgelegt – beispielsweise als Schmierendirektor Striese in „Der Raub der Sabinerinnen“ von 1928. Am liebsten aber spielte er die exzentrischen Rollen, wie er 1928 in einem Buch aus dem Sibyllen Verlag („Filmkünstler: Wie über uns selbst“) darlegte: „Ja, der große Reiz beim Film ist es gerade, dass Darsteller ihre bürgerlichen Gegebenheiten auslöschen müssen, um in ihren Rollen ganz neue Menschen zu werden. (…) Mein Wunsch ist, im Film möglichst verschrobene Charaktere darzustellen, die optisch glaubwürdig sind und von dem Zuschauer bis in die letzte Bewegung hinein als wahr angesehen werden.“

Dazu passte neben seiner etwas untersetzten Statur auch sein Markenzeichen, ein Monokel, das er in vielen Filmen und auf der Bühne trug – wodurch er aber auch auf die Rolle des schrulligen Lebemanns oder des merkwürdigen Sonderlings festgelegt wurde. Für Stars wie Heinz Rühmann, Willy Fritsch oder Lilian Harvey war er so der ideale Gegenpart, für seine Zuschauer war er ein Publikumsliebling, dessen satirisch-komische Darstellung geschätzt wurde.

Der Tanz auf dem Vulkan

Roberts (links) mit Theo Lingen in „Tanz auf dem Vulkan“. Bild: Cinema.de

Mittlerweile hatte sich nicht nur die Aufnahmetechnik weiterentwickelt, sondern auch die politische Richtung grundlegend geändert – der Nationalsozialismus erkannte das ungeheure agitatorische und manipulatorische Potenzial der bewegten Bilder. Dabei waren die Filmtitel zunächst noch harmlos und die Handlung komödiantisch, doch die Produktionen lenkten auch auf perfide Weise ab vom skrupellosen Handeln der Nazis. Es ist nichts darüber bekannt, dass Roberts sich in irgendeiner Weise davon distanzierte, vielmehr spricht seine weiterhin große Karriere dafür, dass er mindestens ein Mitläufer war. So konnte er ununterbrochen weiterarbeiten und war bis zu seinem Tod im Jahre 1940 in insgesamt 89 Streifen zu sehen, meist in Hauptrollen. Allein im Jahre 1934 drehte er zwölf Filme, darunter auch „Alte Kameraden“, das ebenso „Soldaten – Kameraden“ von 1936 zu den Propagandawerken der Nazis zu zählen ist. An der Seite von Gustav Gründgens und Theo Lingen wirkte er 1938 mit am berühmten „Tanz auf dem Vulkan“, – und so lässt sich wohl durchaus die damalige Vorkriegsstimmung charakterisieren.

Am 12. März 1940 stirbt Roberts plötzlich, kurz nachdem er noch zwei Filme gedreht hat, mit nur 55 Jahren. Ob an einer Austernvergiftung oder an einem Herzleiden – dazu gibt es unterschiedliche Angaben. Den immensen Erfolg seines bereits 1912 komponierten Hits „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, 1943 von Hans Albers in „Große Freiheit Nr. 7“ gesungen, erlebt er nicht mehr. Die Beisetzung auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof war nach den Worten seines Neffen „pompös“. An Roberts Geburtshaus in Meerane und an seinem Gutshof bei Lindow/Mark zeugen Gedenktafeln von seinem Wirken. KP 

Titelbild: Mario Kacner