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„Wer weeß, wofür et jut is!“ – Der neue Pfarrer der Sankt-Andreas-Gemeinde Teltow im Gespräch

In den vergangenen Jahren gab es in der Sankt-Andreas-Gemeinde einen häufigen Pfarrerwechsel. Nun hofft die Gemeinde, mit der Wahl von Pfarrer Christian Stiller eine Phase der Stabilität einzuleiten. Wir trafen ihn kurz nach seiner Amtseinführung zum Gespräch.

Sie sind seit September neuer Gemeindepfarrer in der Sankt-Andreas-Gemeinde. Allerdings sind Sie
nicht seit Beginn Ihres Berufslebens Theologe, sondern kommen eigentlich aus den Geisteswissenschaften?

    Geisteswissenschaften ist vielleicht zu viel gesagt, aber in der Tat habe ich Germanistik und Geschichte an der TU in Berlin studiert. Nach meinem Wehrdienst hatte ich dann Gelegenheit, ein Volontariat bei der Märkischen Oderzeitung zu absolvieren. Da habe ich dann viele Jahre als Redakteur gearbeitet – vor allem im Politikressort. Darüber bin ich aber auch mit vielen kirchlichen Themen in Berührung gekommen.

    Und so sind Sie zur Theologie gekommen?

    Das hat mich immer nebenher interessiert. Als Volontär bin ich einem Mann begegnet, der gerade eine Ausbildung als Prädikant absolviert hatte – und der sollte nun für den ehrenamtlichen Verkündigungsdienst in einer Gemeinde in Frankfurt (Oder) eingeführt werden. Darüber sollte ich eine Geschichte schreiben. Es war eine sehr interessante Begegnung. Das gefiel mir – und ich dachte: So eine Ausbildung ist bestimmt spannend. Ich habe mich 2009 selbst beim Kirchlichen Fernunterricht angemeldet und auch solch eine zweieinhalbjährige Ausbildung gemacht – mit einer dann noch einmal einjährigen Praxisausbildung. Damals hatte man die Wahl: einfach nur als Gasthörer teilnehmen oder mit Betreuung von 15 Hausarbeiten inklusive eines kleinen Examens; oder Teilnahme am Komplettprogramm, also mit einem zusätzlich begleitendem Mentorat durch eine Pfarrperson der jeweiligen Heimatgemeinde. Bei der telefonischen Anmeldung musste ich allerdings erst mal überlegen: bei vierstündigem, täglichem Pendeln zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) noch 15 große Hausarbeiten? Schafft man so etwas überhaupt? Dem Herrn am Telefon habe ich wohl zu lange nachgedacht. Der sagte dann einfach: „Ich trage sie jetzt mal für das Komplettprogramm ein – wer weeß, wofür et jut is!“ Ich habe mir dann einen Pfarrer in meiner Steglitzer Gemeinde gesucht – und so ist das dann alles gekommen. Da hat einfach ein anderer für mich entschieden – habe ich bis heute aber nie bereut. Das war eine wunderbare Ergänzung zum beruflichen Alltag. Das hat mir gut gefallen – und dann habe ich im Anschluss das berufsbegleitende Masterstudium der Evangelischen Theologie absolviert. Das war alles ein großes Geschenk für das ich sehr dankbar bin. In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau habe ich dann nach dem Vikariat meine ersten Erfahrungen als Gemeindepfarrer und später als Schulpfarrer gesammelt. Dann hat mein damaliger Mentor, Pfarrer Bürger, mir Teltow empfohlen. So bin ich jetzt hier – und darüber sehr glücklich.

    Wie war Ihr Einstieg hier?

    Einfach phänomenal! Ich bin sehr liebenswürdig und großzügig empfangen worden, mit einem wunderbaren musikalischen Rahmenprogramm und einem Fest voller offener Höfe. Das habe ich so noch nie erlebt! Das war ein wundervoller Tag. Ich bin sehr dankbar.

    Die Andreas-Gemeinde ist sehr aktiv in der Jugend- und Erwachsenenarbeit. Es gibt eine Kinder-Theatergruppe, Kreatives Schreiben, einen Bibelkreis, um nur einiges zu nennen. Konnten Sie sich schon
    einen Überblick über alle Gruppen verschaffen? Haben Sie da schon einen ersten Eindruck?

    Teltow ist eine Gemeinde, die entgegen aller Trends in ihrer Mitgliederzahl noch sehr stabil ist. Das ist nicht selbstverständlich. Die Sankt-Andreas-Gemeinde ist unglaublich lebendig mit sehr vielen Angeboten, hochmotivierten Mitarbeitern und vor allem sehr engagierten ehrenamtlichen Begleitern. Das ist ein auch von Pfarrpersonen unabhängiges, sehr stabiles Netzwerk. Und mit einigen dieser derzeit 33 Gruppen und Kreise bin ich auch schon in Berührung gekommen. Das ist alles sehr unkompliziert und sehr freundlich. Insofern treffe ich hier auf sehr komfortable Bedingungen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn das kann kein Pfarrer alleine aufbauen. Mit meinem Wirken an all diese Angebote mit anknüpfen zu dürfen, begreife ich hier zunächst als meine Hauptaufgabe.

    Die Siedlungskirche gehört ja auch dazu.

    Ja, das ist ein wichtiger Stützpunkt. Und der soll auch noch schöner werden. Da gibt es bereits erste Planungen für eine umfangreiche Sanierung. In den Räumlichkeiten finden ganz viele dieser Angebote statt. Dort befindet sich auch die Kindertagesstätte mit derzeit 77 Kindern und 15 Mitarbeitern. Das ist ebenfalls ein wichtiger Motor für das Gemeindeleben, der aufgrund seines vielfältigen Angebotes sehr nachgefragt ist. Nach wie vor hat die Gemeinde mehr Anfragen, als Kapazitäten vorhanden sind. Neben musikalischer Früherziehung und Sprachförderung erfahren die Kinder die Welt und sich selbst mit eigenen Experimenten und vielfältigen erlebnispädagogischen Angeboten.

    Haben Sie schon Kontakte zu den Nachbargemeinden?

    Ich bin neulich von der Gemeinde in Ruhlsdorf eingeladen worden. Dort habe ich mir die wunderbare Kirche angesehen und durfte an der Sitzung des Gemeindekirchenrates teilnehmen. Weitere Kolleginnen und Kollegen habe ich bereits auf Konventen kennengelernt. Der katholische Kollege in Teltow hat mich sehr freundlich empfangen – wir haben zusammen einen ökumenischen Gottesdienst am Buß- und Bettag gefeiert. Und mir wurde das Gelände des Diakonissenhauses mit seiner vielfältigen Geschichte gezeigt: eine Geschichte, die unglaublich eng mit der Geschichte Teltows verwoben ist. Ich bin überall sehr herzlich empfangen worden.

    Wo setzen Sie Prioritäten in Ihrer Arbeit? Was ist Ihnen wichtig?

    Zunächst einmal ist es mir wichtig, an dieses lebendige Gemeindeleben anzuknüpfen. Viele Formate haben schon eine lange Tradition, die sich offenbar bewährt hat. Und da möchte ich schauen, wo ich mich da miteinbringen kann – eine Vielfalt übrigens, in der ein ausgesprochen liberales Glaubensverständnis zu Hause ist, was mir persönlich sehr sympathisch ist. Und eines dieser Formate ist im Übrigen „Engel+Mensch“, zu dem ich gerne einladen möchte. Das ist eine Christvesper an Heiligabend um 17:30 Uhr, die unter anderem mit dem Team vom Religionsunterricht für Erwachsene gestaltet wird – eine Christvesper in der Friedhofskapelle mit Musik, mit einer Lichtinstallation, mit einer kleinen geistlichen Besinnung, mit einer flankierenden Bilder-ausstellung und vor allem mit einem gemeinsamen Abendessen, das im Anschluss mit der Stadt Teltow im Bürgerhaus ausgerichtet wird, mit Liedern, kleinen Geschichten und vielen Gesprächen bei Würstchen mit Kartoffelsalat und Stollen und Kuchen. Dieses Format richtet sich an alle, die zu Weihnachten womöglich alleine sind – oder die Weihnachten einfach mal anders erleben möchten. Wer zur Christvesper nicht dabei sein möchte, ist auch gerne zum Essen ab 19:00 Uhr im Bürgerhaus eingeladen. Ich werde auch da sein und freue mich, die Teltower kennenzulernen.

    Fotos: Elisabeth Kaufmann