
Finanzierung von Krankenfahrten sichern – Versorgungslücken verhindern
Krankenfahrten sorgen dafür, dass hilfsbedürftige und wenig mobile Menschen zum Arzt oder Krankenhaus, zur Dialyse oder Chemotherapie, zur Krankengymnastik oder Reha kommen. Immer häufiger warten Patienten allerdings stundenlang zu Hause oder harren im Krankenhaus aus, weil sie niemand nach Hause fahren kann. Der Hintergrund: Krankenfahrten werden seit Jahren sehr schlecht bezahlt und immer mehr Anbieter ziehen sich vom Markt zurück.
Wenn sich die finanziellen Bedingungen für Krankenfahrten nicht kurzfristig ändern, werden die Versorgungsengpässe gravierend zunehmen, denn den Anbietern gehen Finanzen und Geduld mit den Krankenkassen als Kostenträger aus. Diese haben die Preise in den letzten Jahren quasi diktiert. Leidtragende sind chronische Kranke, mobilitätseingeschränkte und vor allem ältere Menschen. Die mit der Krankenhausreform und dem erwartbaren Praxissterben in Brandenburg einhergehenden längeren Fahrtstrecken werden das Problem weiter verschärfen. Ein massiver Abbau oder gar der Zusammenbruch des Angebotes hätte gravierende Folgen für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung im Land.
Wohlfahrtsverbände wie der Paritätische Brandenburg, der ASB, das DRK und die Johanniter haben sich deshalb mit dem Taxi Verband Berlin Brandenburg zusammengeschlossen, um gemeinsam Druck auf die Krankenkassen zu machen. Auf einen Brandbrief im Frühjahr, dem sich auch die Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg anschloss, antworteten die Kassenvertreter mit Verweis auf die Bundesebene, wo Gespräche zu führen seien. Oder anders gesagt: Sie sehen keinen akuten Handlungsbedarf.
Die Anbieter haben jetzt genug. Flächendeckend kündigten sie Ende September die Vergütungsvereinbarungen und fordern eine deutliche Anhebung der Sätze, um ihre gestiegenen Kosten decken zu können.
„Dem Land und seinen Menschen läuft die Zeit davon. Denn immer mehr Anbieter überlegen, sich aus der Aufgabe zurückzuziehen. Schon jetzt ist es nahezu unmöglich, Krankenfahrten kostendeckend zu organisieren. All dies ist den Krankenkassen als Kostenträger längst bekannt, doch sie halten uns weiter hin“, kritisiert Andreas Kaczynski, Vorstand des Paritätischen Landesverbandes Brandenburg e.V.
„Die Bevölkerung altert und immer mehr Menschen werden pflegebedürftig. Sie sollen möglichst lange in ihrem Zuhause leben können. Dafür braucht es eine verlässliche und wohnortnahe ärztliche Versorgung, die für alle Betroffenen erreichbar bleibt. Sollten Krankenfahrten künftig nicht mehr möglich sein, wäre das unverantwortlich“, ergänzt Cindy Schönknecht, Geschäftsführerin ASB Landesverband Brandenburg e.V.
„Es kann nicht zur Normalität in unserer Gesellschaft werden, dass alte und kranke Menschen stundenlang in Krankenhausfluren zubringen müssen, bis ein Fahrdienst gefunden ist, der sie nach Hause fährt. Diese Entwicklung durchleben wir aber, weil die Rahmenbedingungen für Fahrdienste seit langem nicht mehr passen. Die teils schwere körperliche Arbeit kann mit den aktuellen Vergütungssätzen der Krankenkassen nicht im Ansatz honoriert werden“, sagt René Schultchen, Vorstandsvorsitzender DRK-Kreisverband Cottbus-Spree-Neiße-West e.V., DRK-Landesverband Brandenburg e.V.
„Es ist schon absurd: Bei den Krankenfahrten wird solange gespart, bis niemand mehr da ist. Gleichzeitig kommen immer öfter Kranken- oder Rettungswagen zum Einsatz, weil sich beispielsweise die Kliniken nicht anders zu helfen wissen. Eine sehr teure Alternative, die sogar die Notfallversorgung gefährden kann“, so Matthias Rudolf, Regionalvorstand Südbrandenburg, Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Berlin/Brandenburg.
„Die Ausgaben für Krankenfahrten mit Fahrdiensten, Taxi oder Mietwagen steigen. Doch wer dem mit Dumpingpreisen entgegensteuern will, gefährdet die Daseinsvorsorge kranker Menschen und verursacht ein Vielfaches an Kosten“, sagt Fred Meier, Unternehmer und Vertreter des Taxi Verband Berlin, Brandenburg e.V.
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