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Vergängliche Kunst am Dorfplatz – Temporäres Kunstevent in der ehemaligen Stahnsdorfer Feuerwache


Früher war jeder Künstler bemüht, ein Kunstwerk für die Ewigkeit zu schaffen – etwas, das die eigene Sterblichkeit überdauert. Ob es Bilder oder Skulpturen waren: Nicht nur die eigenen Nachkommen, sondern alle späteren Betrachter – ob sie das Werk in Tempeln, in der Kirche, in adeligen oder bürgerlichen Häusern oder im öffentlichen Raum betrachteten – sollten möglichst über viele Jahrzehnte (wenn nicht gar Jahrhunderte) hinweg in die Gedankenwelt des Künstlers eintauchen können. Während der letzten Jahrzehnte ist diese Einstellung in der Kunstwelt teilweise in den Hintergrund getreten: Man schafft jetzt einen flüchtigen Moment, der allenfalls im Foto festgehalten wird: eine Installation oder eine Performance, für die schon von vornherein ein Enddatum mit eingeplant ist – so auch jüngst in Stahnsdorf, wo die Gruppe „dimension 14“ in der alten Feuerwache einen temporären Ausstellungsort bespielte.

Vielleicht ist es ein Ausdruck unserer schnelllebigen Zeit: ein Publikum, das nur noch kurze Videoclips in den sozialen Medien anschaut und schnell gelangweilt ist, verharrt ungern lange Zeit vor einem Kunstwerk, um sich mit dem Bild und seinem Schöpfer auseinanderzusetzen. Kontemplation oder gar Meditation sind vielen jüngeren Menschen fremd. Das Smartphone ist zur wichtigsten visuellen Konsumquelle geworden. Man zappt und switcht stundenlang, reagiert kurz mit einem „Like“, und schon ist das nächste Video dran. Die Aufmerksamkeitsspanne wird verringert sich, das können Erzieher und Lehrer bestätigen – und in Museen sieht man, dass die Verweildauer vor einem Kunstwerk immer kürzer wird: nur rasch ein Selfie vor der Mona Lisa, dann schnell weiter zum nächsten Highlight!

Installationen von Susanne Ruoff, Ulrich Vogl und Salah Saouli Fotos: Mario Kacner

Kunst in Orten der Zwischennutzung, eine temporäre Installation im kunstfernen Umfeld – das fügt sich in einen vom Hang zur Vergänglichkeit und der Jagd nach neuen Eindrücken geprägten Zeitgeist. Dazu passt auch die Präsentation von Objekten, die weder künstlerisches Vorwissen noch lange Konzentration erfordern. In diesen Rahmen fügen sich beispielsweise die Videoinstallationen von Salah Saouli oder Cécile Wesolowski ein: Kurze Fetzen von brennenden Landschaften und Kriegsbildern beziehungsweise Unfallbilder aus dem Internet, die auf Decken und Wände projiziert werden und einen offensichtlichem Kritikansatz zeigen. Oder: Ulrich Vogls Installation, bei der (Lösch-?)Sand von der Decke rieselt – gewissermaßen als überdimensionierte Sanduhr und „Tempus fugit“-Mahner. Susanne Ruoff bespielt den Ort mit roten (Lösch-?)Eimern, die umgekehrt von der Decke hängen. Da muss man nicht lange über mögliche Interpretationen nachdenken: diese liegen entweder auf der Hand oder werden durch offensichtliche Bezüge schnell gefunden. Vielleicht ist das sogar ein Ansatzpunkt, mit dem man die Aufmerksamkeit wenig kunstaffiner Betrachter in einem eher kulturfernen Umfeld gewinnen kann: indem man sie an einem bekannten Ort mit ortsfremden oder zweckentfremdeten Dingen konfrontiert, die sie kurz auf neue Gedanken bringen. Gleichfalls wird so die potenzielle Hemmschwelle für einen Ausstellungsbesuch herabgesetzt und der Erlebnischarakter unterstützt.

Sue Hayward Personen mit Flammen Foto: Mario Kacner
Farb und Klanginstallation Grit Schuster Foto: Mario Kacner

Andere Objekte ziehen die Konzentration schon etwas länger auf sich. Unter den 14 Mitgliedern der Künstlergruppe und ihren drei Gästen (daher: „Feuerwache 17“) finden sich auch Aussteller, deren Objekte eine etwas genauere Betrachtung erfordern, wenngleich ihre Zugänglichkeit auf ähnliche Weise gewährleistet ist. Der bespielte Ort (die bis zum diesjährigen Umzug genutzte Feuerwache am Dorfplatz) wird mit spielerischen Mitteln erschlossen, und die gezeigten Werke verarbeiten Ort und Fundstücke in unterschiedlichster Weise. Susan Hayward stellt zwei Figuren gegenüber, die von einer Flamme getrennt oder verbunden werden – je nach Sichtweise des Betrachters. Die Dualität, die so zum Ausdruck kommt, lässt jedenfalls ein größeres Interpretationsspektrum zu. Anke Fountis inszeniert Kohle und Asche, die von brennenden Wäldern übrigbleiben, im Dialog mit ihren Bewohnern. Hartmut Sy und Beate Lein-Kurz verarbeiten das Thema „Lösch-Wasser“ auf unterschiedliche Weise: einmal als abstrahierte Drahtnachbildung, einmal als bewegter Wasserspiegel im Umfeld von Materialien mit Brandspuren. Beide Werke erscheinen – aus unterschiedlichen Richtungen betrachtet – in variabler Form. Katrin Schmidbauer und Grit Schuster setzen auf changierende Farben- und Formenspiele, die in ihrer Mehrdeutigkeit auf die Multidimensionalität und den stetigen Wandel der Welt verweisen. Konkreter wird Frauke Schmidt-Teilig, die Feuerwehrleute und Bewohner unserer Region (also die Menschen, die von ihren Einsätzen profitieren) porträtiert. Ihre nahbare Betrachtungsweise unterscheidet sich von abstrakteren Perspektiven, die in dieser Ausstellung ebenfalls zum Ausdruck kommen.

Werke von Hartmut Sy, Anke Fountis, Grit Schuster und Frauke Schmidt-Theilig Fotos: Mario Kacner

Die Ausstellung wurde von den Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow, der Stadt Teltow und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark unterstützt. Abgesehen vom Reiz, der von einer temporären Ausstellung in besonderen Gebäuden ausgeht, wünscht man sich gleichwohl einen Platz, an dem ein niedrigschwelliges Kunstangebot im öffentlichen Raum dauerhaft präsent ist. Ein Skulpturengarten oder ein gläserner Ausstellungspavillon – vielleicht im projektierten Lerchenpark in der Nähe des zukünftigen Stahnsdorfer S-Bahnhofs – könnten solche Orte sein, in dem die regionale Kunst einen würdigen und für alle zugänglichen Platz findet und sich die Kunstszene der Region manifestiert. Sollte sich die Parkplanung realisieren lassen, wäre das gewiss eine Überlegung wert. Künstlerischer Dialog mit dem Ort versus permanente Wechselwirkung mit der (bedrohten) Natur – das könnte eine interessante Herausforderung werden und der Schnelllebigkeit unserer Zeit etwas Dauerhafteres entgegensetzen. Alternativ wäre das neue Bürgerhaus im ehemaligen Areal der Stahnsdorfer Feuerwehr ebenfalls ein guter Ort für Kunst, die trotz der nötigen und stetigen Auseinandersetzung mit der Welt weder elitär noch abgehoben ist und deren Präsentation auch in Zeiten klammer Gemeindekassen realisierbar bleiben könnte. Schließlich sollte Kunst ein fester Bestandteil unseres täglichen Lebens sein: “Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“ schrieb kein Geringerer als Pablo Picasso.

Fotos: Mario Kacner