Die Ausstellung „Berlin.Cosmopolite“ in der Liebermann-Villa am Wannsee
Seit dem 24. Mai zeigt die Liebermann-Villa am Wannsee die Ausstellung „Berlin. Cosmopolite. Die versunkene Welt von Felicie und Carl Bernstein“. Diese erzählt zum ersten Mal die Geschichte des bedeutenden jüdischen Kunstsammlerpaares Felicie und Carl Bernstein und untersucht ihren Einfluss auf die Berliner Kunstszene des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Mit der neuen Sonderausstellung rückt die Liebermann-Villa zwei Schlüsselfiguren der Berliner Kunstszene des späten 19. Jahrhunderts in den Fokus: Felicie und Carl Bernstein. Beide stammten aus jüdischen Familien im Russischen Reich. Carl Bernstein hatte 1864 in Berlin promoviert. Da er als Jude in seiner Heimat keine Anstellung erhielt, ging er zunächst als Privatdozent nach Berlin. 1878 wurde er außerordentlicher Professor für römisches Recht an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Seine Frau Felicie Leonovna verlor schon früh ihre Mutter und wurde von ihrem wohlhabenden Vater, Kommerzienrat Leo Rosenthal, zur Erziehung in ein Dresdner Pensionat geschickt. Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1872 in Wien zogen die Bernsteins zunächst nach Paris, wo sie mehrere Jahre lebten. 1878 ließen sie sich in Berlin nieder und bezogen eine gemeinsame Wohnung in der Lennéstraße 2 im vornehmen Tiergartenviertel. Später zogen sie in die sogenannte „Präsidentenwohnung“ in der Straße In den Zelten 23, die als Spekulationsobjekt gebaut worden war. Da der Reichstagspräsident die zur Vermietung vorgesehene Wohnung jedoch nicht anmietete, diente sie den Bernsteins als vornehme Adresse.



Im Sommer 1882 brachten Felicie und Carl Bernstein bedeutende Werke des französischen Impressionismus nach Berlin, darunter Gemälde von Claude Monet, Édouard Manet und Alfred Sisley. In ihrem Salon im Tiergartenviertel brachten sie die wichtigsten Akteure der Stadt zusammen. Zu den wöchentlichen Mittwochabenden erschienen Musiker wie Joseph Joachim und Richard Strauss, Maler wie Max Klinger, Adolph von Menzel und Max Liebermann, der Archäologe Adolf Furtwängler, der Schriftsteller Georg Brandes, der Theaterleiter Otto Brahm, die Historiker Ernst Curtius und Theodor Mommsen sowie die Kunsthistoriker Georg Treu, Wilhelm von Bode, Friedrich Lippmann, Hugo von Tschudi und Woldemar von Seidlitz.


Johanna von Tuhr beschrieb die Atmosphäre in ihrem Haus als einen Ort „geistiger Freiheit“, an dem Ansichten aus aller Welt aufeinandertrafen und kulturelle Weltoffenheit gelebt wurde. „Max Liebermann fand im Salon der Bernsteins endlich Gleichgesinnte. In ihrem Kreis wurde über die neuesten Kunstströmungen debattiert – ein inspirierendes Umfeld, das ihm entscheidende Impulse für sein weiteres künstlerisches Schaffen gab. Liebermann schätzte das internationale Flair, das die Bernsteins nach Berlin brachten, und fühlte sich bei ihnen wie in einer anderen Stadt – nämlich in Paris“, sagt Viktoria Krieger, Kuratorin und Projektleiterin. Auch Max Liebermann war beeindruckt von der Kunstsammlung der Bernsteins, die sein eigenes Kunstsammeln nachhaltig prägte: „In der Sammlung [Bernstein] befanden sich die schönsten Stilleben Manets […] vor allem aber wundervolle Cl[aude] Monets, darunter das berühmte Champs de coquelicots, das Frau Bernstein mir hinterlassen hat, weil ich das Bild stets besonders bewundert habe.“ (Max Liebermann: Phantasie in der Malerei. Reden und Schriften, S. 90).
Das jüdische Leben im Kaiserreich war von Ambivalenzen geprägt. Diese Ausstellung will eine wichtige erinnerungskulturelle Lücke der Berliner Stadtgeschichte schließen und die versunkene Welt der Bernsteins wiederentdecken. Heute ist ihre Sammlung über die ganze Welt verstreut, von Philadelphia bis Tokio. Die Ausstellung fußt auf den Forschungen der Gastkuratorinnen Emily D. Bilski und Chana Schütz, die große Anstrengungen betrieben, um die heutigen Standorte der Werke der Bernstein-Sammlung ausfindig zu machen.
Fotos: Manfred Thomas und Manfred Zeimer