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Pilze: Leckerbissen und Lebensspender

Geht der Sommer feuchtwarm in den Herbst über, steigt die Vorfreude bei vielen Menschen: Auf in die Pilze! Pfifferlinge mit Knödeln, gefüllte Champignons oder panierte Parasole – Pilze sind schmackhaft, eine gute Fleischalternative und wachsen fast überall. Doch Vorsicht ist geboten: Wer wenig Erfahrung hat, sollte nicht einfach drauf lossammeln. Denn die Verwechslungsgefahr ist dabei groß, und der Verzehr giftiger Pilze kann im schlimmsten Fall im Krankenhaus enden. Corinna Hölzel, Referentin Abteilung Biodiversität des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), erklärt was es auch für erfahrene Sammler zu beachten gibt.

Pilze sind weder Tier noch Pflanze. Sie bilden in der Ordnung der Natur eine eigene Kategorie. Das Reich der Pilze ist besonders vielfältig. Von den geschätzt drei bis fünf Millionen Pilzarten sind die allermeisten bis heute nicht wissenschaftlich beschrieben. Das Bundesamt für Naturschutz geht in Deutschland von rund 14.000 Arten aus. Nur etwas mehr als 5000 sind mit bloßem Auge zu erkennen. Und das auch nur für kurze Zeit im Jahr – wenn sie ihre Fruchtkörper aus dem Boden oder Holz geschoben haben. Der eigentliche Pilz, sein Geflecht oder Myzel, lebt gut verborgen im Untergrund.

Wo Pilze wachsen

Hölzel: „Pilze gibt es praktisch überall und das ganze Jahr hindurch. Doch ihre Fruchtkörper bilden sich meist erst, wenn der Boden gut durchfeuchtet ist. Wer Pilze sammeln will, darf den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen – und sollte wissen, wo die Suche Erfolg verspricht.“

Viele beliebte Pilze wachsen auf nährstoffarmen, zum Beispiel sandigen Böden. Beliebte Speisepilze wie Maronenröhrling, Pfifferling und Perlpilz finden Sie vor allem in bodensauren Nadelwäldern. Steinpilze, Parasol, Rotkappe, Birkenpilz oder Täublinge  zusätzlich auch unter Laubbäumen.

Da Pfifferlinge nicht gezüchtet werden können, sind sie nur vom Sommer bis Herbst frisch erhältlich.

Naturnahe Wälder mit alten Bäumen und reichlich Totholz versprechen ebenfalls Erfolg. Besonders hier findet man Pilze, die Holz als Nährboden nutzen. Zu den essbaren Arten zählen Hallimasch und Stockschwämmchen, Austernseitling und Krause Glucke. Da sie ihren Wasserbedarf dem Holz entziehen, sind sie weniger von Regenfällen abhängig.

Naturschatz erhalten

Beinahe alles, was wir in der Natur lieben und anschauen, ist mit Pilzen verwoben. Alles Leben im Boden hängt vom Wirken dieser Fadenwesen ab. 95 Prozent unserer Landpflanzen leben in Symbiose mit Pilzen, also in wechselseitiger Abhängigkeit zu beider Nutzen – auch Nahrungsmittel wie Mais und Getreide, Obst und Gemüse.

Hölzel: „Wir tun gut daran, sorgsam mit den Pilzen umzugehen. Etwa ein Drittel unserer heimischen Pilzarten ist entweder sehr selten oder gefährdet. Fünf Prozent sind gar vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden.“ 

Weniger das Sammeln gefährdet die Pilze als vielmehr die intensive Land- und Forstwirtschaft. Besonders die Überdüngung der Böden und ihre Belastung mit schwerem Gerät sind ein Problem. Auch wer Mischwälder durch Monokulturen ersetzt, naturnahe Lebensräume zerstört, Magerwiesen zu Intensivgrünland umwandelt oder Feuchtwiesen und Moore trockenlegt, schadet der Pilzwelt.

Aufgrund ihres hohen Wasser- und geringen Fettgehalts sind Pilze besonders kalorienarm. Einige Pilze enthalten auch Vitamin C und sogar Vitamin D, das wir sonst nur über die Sonne aufnehmen.

Richtig sammeln

„Pilze für den eigenen Verzehr zu sammeln ist grundsätzlich unproblematisch. Solange darauf geachtet wird, nur das zu sammeln, was man wirklich selber essen kann. Sammeln Sie unbedingt nur, was Sie sicher kennen. Schonen Sie Naturschutzgebiete. Und ernten Sie Pilzkörper, indem Sie den Stiel knapp über dem Boden abschneiden. Auch das Putzen sollte im Wald erfolgen. So spart  sich viel Arbeit zuhause und alle Nadeln und Blätter verbleiben dort, wo sie hingehören“, gibt Hölzel zu bedenken.

Abgesehen von einigen gut erkennbaren Arten gibt es auch zahlreiche Verwechslungsmöglichkeiten mit Giftpilzen. Bei mehr als jeder zweiten Art ist das nur mit einem Blick auf die Sporen und andere Mikromerkmale möglich. Für Laien empfiehlt die BUND-Expertin, an einer fachkundigen Führung teilzunehmen, wie sie auch von BUND-Gruppen angeboten wird oder mit der Ernte bei einer Pilzberatung vorstellig zu werden.

Eine andere Möglichkeit ist, Pilze mit einem Pilzbestimmungsbuch oder dem Smartphone zu bestimmen. Dafür bietet der BUND Niedersachsen die App „ID-Pilze“ an. Mit der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und der Universität Marburg hat er sie entwickelt, um speziell junge Menschen an die Naturkunde heranzuführen. Anhand von vier bis fünf Fragen auf der Basis von 21 Merkmalen sind unsere 300 häufigsten Pilzarten und -gattungen im Gelände einfach und sicher zu bestimmen. Ist die Art erkannt, lässt sich das Wissen mit Steckbriefen, Fotos und Erklärvideos erweitern. Erhältlich ist die App in den gängigen App-Stores. Aber Achtung, eine Zweitmeinung bei unbekannten Arten ist immer zu empfehlen. Und wenn man sich nicht komplett sicher ist, sollte man den Pilz lieber im Wald lassen.

Foto: Pixabay.com