
Teltow – eine Schlafstadt?
Teltow, die Stadt zwischen Großstadtflair und dörflicher Nähe, stand am 12. September im Küchenstudio Müller & Kappenhagen – Exzellente Küchen – im Mittelpunkt einer lebhaften Podiumsdiskussion. Anlass war die bevorstehende Bürgermeisterwahl 2025. Neben Bürgern waren vor allem auch Unternehmerinnen und Unternahmer der Region eingeladen, um gemeinsam mit den Kandidierenden die Chancen und Herausforderungen der Stadt zu diskutieren.
Gastgeber Dirk Kappenhagen begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste und eröffnete damit eine engagierte Debatte über die Zukunft Teltows. Im Zentrum der Diskussion standen die beiden Bürgermeisterkandidaten Andre Freymuth (CDU) und Claudia Eller-Funke (SPD).
Claudia Eller-Funke ist geboren in Nordrhein-Westfalen und lebt seit mehr als 26 Jahren in Teltow/Ruhlsdorf. Hier engagiert sie sich seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich – in Kita und Schule, in Vereinen und in der Kommunalpolitik; die zwei Kinder sind in Teltow erwachsen geworden. 2014 bis 2019 war sie Mitglied des Ortsbeirates Ruhlsdorf, 2019 bis heute Mitglied des Kreistages Potsdam-Mittelmark, u.a. bis 2024 Vorsitzende des Ausschusses für Soziales und Arbeitsförderung. Seit 2024 ist sie auch Stadtverordnete und Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung (SVV) Teltow, seit 2021 Vorsitzende der SPD Potsdam-Mittelmark. Sie ist Diplom-Verwaltungswirtin und hat den Masterabschluss Öffentliche Verwaltung/Verwaltungsmanagement (Master of Public Administration) mit langjähriger Berufserfahrung in Kommune, Landes- und Bundesverwaltung u.a. in den Bereich Finanzen, Personal, Organisation, Vergabe, Umweltmanagement. Bisher ist sie Referatsleiterin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Führungsverantwortung für ein Teams mit etwas mehr als 100 Beschäftigten.
Andre Freymuth stammt aus dem Emsland und lebt seit 2012 in Teltow, mittlerweile als alleinerziehender Vater von zwei Kindern. Seit 2017 ist er Mitglied der Teltower Stadtverordnetenversammlung (SVV), Vorsitzender im Ausschuss für Klima, Umwelt und Energie sowie 2024 zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion in Teltow gewählt. Auch über die Kommunalpolitik hinaus ist er ehrenamtlich aktiv, unter anderem als Prüfer bei der IHK Berlin und in verschiedenen Vereinen. Freymuth hat Abschlüsse als Fachinformatiker und Betriebswirt für Wirtschaftsinformatik, beruflich ist er als Berufssoldat angestellt.
Die Podiumsdiskussion wurde ins Rollen gebracht durch Moderatorin Sabrina Völkel mit einer grundlegenden Frage: „Was motiviert Sie, Bürgermeister von Teltow zu werden?“ Freymuth betonte seine langjährige kommunalpolitische Erfahrung und die Vision, Teltow von einer Schlafstadt zu einer Wohnstadt mit Gesicht entwickeln zu wollen mit Ordnung, Sicherheit und Gemeinschaft als Leitlinien.
Im Gegenzug dazu hob Eller-Funke ihre langjährige kommulpolitische und berufliche Führungserfahrung und Verwaltungsexpertise hervor und erklärte „Wer Teltow als Schlafstadt bezeichnet, sieht das Engagement der Vereine nicht – nicht das, was Menschen und Unternehmen hier gestalten.“ Sie möchte Teltow als lebenswerte Stadt für alle Generationen weiter gestalten – für Familien, Senioren, Jugendliche und die Wirtschaft.

Verkehr und Mobilität: Planung ist gefragt
Auf die konkrete Nachfrage der Moderatorin zur Verkehrssituation betonten beide Kandidaten die zentrale Bedeutung des öffentlichen Nahverkehrs für Alltag, Wirtschaft und Klimaschutz. Claudia Eller-Funke verwies auf die Lebendigkeit Teltows: „Wir sind ein lebendiges Zentrum zwischen Potsdam und Berlin – getragen von Unternehmen, Vereinen und Kulturschaffenden. Deshalb brauchen wir ein neues Verkehrskonzept, eine bessere Koordination der Baustellen und eine Optimierung des ÖPNV. Die Zusammenarbeit mit Kreis und Berlin ist entscheidend.“
André Freymuth griff den Begriff der „Schlafstadt“ auf und ergänzte: „Natürlich schläft hier keiner mehr. Aber viele nehmen Teltow noch nicht als ihre Heimat wahr – genau deshalb will ich, dass Teltow eine Stadt mit Gesicht wird.“ Er hob konkrete Defizite hervor: „Wenn jemand vom S-Bahnhof bis zum Marktkauf zweimal umsteigen muss oder von Teltow nach Kleinmachnow anderthalb Stunden mit dem Bus braucht, funktioniert das nicht. Wer aus Berlin kommt, darf nicht eine Stunde auf den Bus warten müssen.“ Für ihn ist die regionale Perspektive entscheidend: „Wenn wir die Verkehrsthemen isoliert betrachten, verlieren wir nicht nur Unternehmen, sondern auch Chancen für die ganze Region TKS – Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf.“
Ausbildung, Beruf und Stadtfest: Perspektiven für die Jugend
Das Publikum fragte nach Ausbildungsangeboten, Jobmessen und der Zukunft des Stadtfestes in Teltow. André Freymuth betonte, dass das Stadtfest ein fester Bestandteil der städtischen Kultur bleiben müsse: „Nächstes Jahr gibt es ein eintägiges Stadtfest, mittelfristig möchte ich wieder ein dreitägiges Fest mit Ausbildungsmeile und Angeboten für Jugendliche.“ Für ihn sei wichtig, junge Menschen praxisnah an Ausbildungsberufe heranzuführen, auch durch kleinere Formate direkt an Schulen. Er verwies dabei auf die ehemalige Jobmesse beim OZS.
Claudia Eller-Funke verwies auf den Erfolg der jüngsten Job- und Gewerbemesse: „Die Grace-Hopper-Gesamtschule ist ein idealer Standort, aber auch das Oberstufenzentrum Teltow spielt eine wichtige Rolle – gerade fürs Handwerk.“ Sie plädierte für ein tragfähiges Konzept, das die Organisatoren nicht überlastet und Sicherheitsfragen klärt. Beim Stadtfest sprach sie sich für eine Neuausrichtung in Zusammenarbeit mit Bürgern und Unternehmen aus: „Es soll Jugendliche, Familien und Gewerbetreibende ansprechen, Fahrgeschäfte, familienfreundliche Angebote und eine Karrieremeile verbinden. Sie sprach sich klar gegen einen Zusammenlegung mit dem Tag der offenen Höfe oder den Benefizkonzert „Rock am Kanal“ aus. Beides Kulturveranstaltungen mit eigenem Charakter, die die Kulturvielfalt Teltows tragen.
Haushalt und Digitalisierung: Prozesse vor Technik
Zur Diskussion über Haushalt und Digitalisierung betonten beide Kandidaten zunächst die Bedeutung funktionierender Verwaltungsprozesse. André Freymuth erklärte: „Bevor ich etwas digitalisiere, muss ich prüfen, wie die Abläufe überhaupt funktionieren. Ein schlechter Prozess bleibt auch digital schlecht.“ Gleichzeitig wies er auf die Verantwortung hin, analoge Angebote beizubehalten: „Gerade ältere Bürger brauchen weiterhin persönliche Ansprechpartner. Niemand darf außen vor bleiben, nur wegen eines QR-Codes.“
Claudia Eller-Funke ergänzte: „Teltow ist beim Bürgerservice bereits gut aufgestellt. Digitalisierung kann Abläufe beschleunigen und Bürokratie abbauen, aber sie darf das persönliche Gespräch nicht ersetzen.“ Sie hob zudem die Chancen durch lokale Start-Ups hervor, die innovative KI-Lösungen für Verwaltungen entwickeln. Darüber hinaus verband sie Digitalisierung mit Bildung und Wirtschaft: „In Schulen bauen wir die digitale Ausstattung aus, ohne die Grundlagen wie Rechnen, Lesen und Schreiben zu vernachlässigen. Kinder sollen mit dem Netz, nicht im Netz groß werden.“

Sportinfrastruktur: Räume für Vereine schaffen
Die Podiumsdiskussion verdeutlichte auch die Herausforderungen für Sportvereine. Die Hallenbelegung ist oft unzureichend, Trainingszeiten für Kinder und Jugendliche knapp bemessen,und neue Sporthallen werden dringend benötigt. Beide Kandidaten betonten die Notwendigkeitregionaler Zusammenarbeit: „Wir müssen Hallen und Trainingsmöglichkeiten schaffen, die allen Generationen zugutekommen und die Vereine stärken“, erklärte Freymuth. Eller-Funke unterstrichdie Rolle von Vereinen als gesellschaftliches Rückgrat: „Sport und Gemeinschaft sind unverzichtbar. “ Sie wies auf den aktuellen Antrag der SPD für die SVV hin , die Vereine der Region TKS in der Kostenerstattung für die Hallennutzung in Teltow zu entlasten.
Wohnen: sozial, nachhaltig, zukunftsorientiert
Claudia Eller-Funke machte deutlich, dass Teltow die demografische Entwicklung im Blick haben muss: „Der Anteil der über 65-Jährigen steigt, viele wollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Wir brauchen barrierefreie Wohnungen – sowohl in Neubauten als auch im Bestand.“. Sie betonte zudem die Rolle der städtischen Wohnungsbaugenossenschaft (WGT) und Wohnungsgenossenschaft (TWG) und die Zusammenarbeit mit privaten Vermietern, um mehr barrierefreien und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Bezahlbar heißt für mich sozial gerecht und nachhaltig. Investoren sollten vertraglich verpflichtet werden, etwa 30 Prozent der Wohnungen mit sozial verträglichen Mieten anzubieten. Hierzu müssen wir die Förderkulisse erweitern. “.
André Freymuth setzte auf Verdichtung: „Ich bin immer für ein Stockwerk mehr – auf bestehenden Gebäuden oder über Supermärkten, solange es machbar und in Maßen ist. So schaffen wir Wohnraum, ohne neue Flächen zu versiegeln.“ Für ihn sind Wohnungsgenossenschaften wichtige Partner, da sie dauerhaft bezahlbaren Wohnraum sichern. Gleichzeitig warnte er: „Mehr Geschosse allein machen Wohnungen nicht automatisch billiger, wenn Investoren die Kosten auf die Miete umlegen. Wir brauchen klare Regeln und Absprachen.“ Freymuth wies außerdem auf die Wachstumsgrenzen Teltows hin: „Wir sind auf rund 33.000 Einwohner ausgelegt. Wir dürfen nicht in eine Entwicklung rutschen, bei der wir hier das zweite Berlin bauen.“
Beide Kandidaten waren sich einig, dass Wohnungsbau mit Verkehrskonzepten, ÖPNV-Anbindung und Infrastruktur verknüpft sein muss, damit Teltow lebenswert bleibt – für junge Menschen, Familien und Senioren gleichermaßen.
Wirtschaftsförderung: regional, aktiv und partnerschaftlich
Die Wirtschaftsförderung nahm ebenfalls breiten Raum am Abend ein. André Freymuth betonte, dass Wirtschaftsförderung auch eine Frage der Haltung sei: „Wenn eine Familie in Teltow ein Kind bekommt, gibt es ein Begrüßungsgeschenk. Aber wenn jemand ein Unternehmen gründet, passiert nichts. Diese Menschen müssen sich wahrgenommen fühlen. Sie haben sich bewusst für Teltow entschieden – dann sollten wir ihnen auch zeigen, dass wir sie begleiten.“ Für ihn endet Wirtschaftsförderung nicht an Stadtgrenzen: „Es kann uns nicht egal sein, ob eine Firma in Teltow, Kleinmachnow oder Stahnsdorf sitzt. Wichtig ist, dass sie in der Region bleibt. Wir sind voneinander abhängig – bei Feuerwehr, Schwimmbad oder Bauhof genauso wie bei Gewerbeflächen.“ Freymuth kritisierte zudem die teils unübersichtlichen Gewerbeflächen: „Das ist wie ein Flickenteppich. Wir müssen die Flächen attraktiver machen, bevor wir neue ausweisen.“ Moderne Coworking-Spaces, digitale Plattformen und Start-Up-freundliche Angebote könnten Teltow konkurrenzfähig halten.
Claudia Eller-Funke hob die Bedeutung von Vernetzung hervor: „Teltow verfügt über vier Gewerbegebiete, diese müssen aber besser genutzt und vernetzt werden. Mir fehlt ein vollständiges Verzeichnis der Unternehmer. Wer sich informieren will, stößt schnell an Grenzen.“ Sie kündigte an, als Bürgermeisterin aktiv auf Unternehmen zuzugehen, statt im Rathaus zu warten. Für sie ist ein regionaler Wirtschaftsförderer entscheidend, der Fördermöglichkeiten kennt und gezielt unterstützt – auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene, in diesem Sinne berät un dunterstützt. Zum Thema Gewerbesteuer sagte sie: „ Die Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Vereinsunterstützung, in Verkehrswege, Wirtschaftsförderung machen den Standort attraktiv für Fachkräfte , Auszubildende, schafft Rahmenbedingungen für die Unternehmen. Es ist ein unmittelbaren Rückfluss zu den Unternehmen “. Für solide Finanzen sind immer die Einnahme- und Ausgabeseite zu betrachten.

Vision für Teltow: Teltow verbinden: Perspektiven für alle schaffen
Claudia Eller-Funke versprach, Teltow als Bürgermeisterin so zu gestalten, dass sich Alle wohl und gesehen fühlen. „Alle sind Familien, Senioren, Jugend, Wirtschaft, Neu- und Altteltower .“ Dazu muss man alle Seiten mitnehmen und für alle gute Entscheidungen treffen. Und das kann Teltow von mir erwarten“, betonte sie. Dabei wolle sie ihre langjährige Führungs- und Verwaltungserfahrung sowie ihr ehrenamtliches Engagement und ehrenamtlich kommunalpolitische Erfahrung einbringen, um die Stadt sozialgerecht, nachhaltig und wirtschaftsstark weiterzuentwickeln.
Visionen für Teltow: Ordnung, Sicherheit und Gemeinschaft
Am Ende der Diskussion stellten die Kandidaten ihre Visionen vor. Freymuth fasste seine Prioritäten in den drei Punkten Ordnung, Sicherheit und Gemeinschaft zusammen: „Ich will ansprechbar sein, die Stadt aktiv gestalten und alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen – von Familien über Senioren bis hin zu Unternehmern. “ Freymuth hob ebenfalls die Bedeutung von Vernetzung hervor: „Verwaltung, Wirtschaft und Bürger müssen enger zusammenarbeiten. Nur so kann Teltow als wachsende und lebenswerte Stadt bestehen.“
Die Podiumsdiskussion zeigte eindrucksvoll: Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen teilen die Kandidaten einige Ziele mit unterschiedlichen Schwerpunkte. Teltow soll zukunftsfähig, lebendig und für alle Generationen attraktiv bleiben. Die rege Beteiligung der Bürger sowie der Unternehmerinnen und Unternehmer verdeutlichte das Interesse an einer aktiven Mitgestaltung der Stadtentwicklung und zeigt, dass Teltow wach, interessiert und bereit ist, die Herausforderungen der kommenden Jahre anzupacken.
Fotos: Theodor von Bülow