Chancengleichheit ist das A und O einer Gesellschaft
Sebastian Rüter ist direkt gewählter Landtagsabgeordneter für Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal. Das Teltower Stadblatt sprach mit dem
SPD-Politiker und ehemaligen Gewerkschaftssekretär der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft über seine Arbeit im Brandenburger Landtag.
Teltower Stadtblatt: Brandenburgs Schulen sollen Schulbudgets erhalten, mit denen sie „eigenverantwortlich“ wirtschaften sollen. Wie soll dieses Konzept funktionieren?
Sebastian Rüter: Wir haben hart für dieses Projekt gekämpft. Wir wollen damit Kinder stark machen und für mehr Chancengerechtigkeit auch in Potsdam-Mittelmark sorgen. Dazu haben wir uns ausführlich mit Lehrkräften, Schulleitungen und Wissenschaftlern zu den Erfahrungen der Corona-Pandemie ausgetauscht. Dabei hat uns ein breiter Appell erreicht, das Programm „Aufholen nach Corona“ als erfolgreiches Förderprogramm fortzuführen. Schuldbudgets werden in unterschiedlicher Höhe auf Basis eines zentralen Sozialindex des Brandenburger Bildungsministeriums be-
reitgestellt. Im aktuellen und kommenden Schuljahr stehen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 5,4 Millionen Euro zur Verfügung. Die Schulen entscheiden autonom, ob sie mit dem Budget die Ganztagsangebote ausbauen, Angebote der Begabungsförderung, der Demo-
kratiebildung oder Nachhilfeangebote anbieten. Auch weitere Projekte mit sportlicher, kultureller oder sozialer Zielsetzung sind möglich.
Für jede Schule ist ein Grundbudget von 3.000 Euro vorgesehen, bei zusätzlichem Bedarf und abhängig vom Sozialindex kann eine Schule bis zu 7.000 Euro erhalten. Wer profitiert?
Mit festen Budgets geben wir nun auch Schulen in Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal die Möglichkeit, die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zielgenauer zu fördern. Gerade Kinder und Jugendliche, die es aufgrund fehlender familiärer Unterstützung schwerer haben, in der Schule aufzuschließen, werden dadurch enorm in ihren sprachlichen und mathematischen Kompetenzen profitieren. Und auch die emotional-sozialen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler haben wir im Blick. Denn darin soll ein weiterer Schwerpunkt der Maßnahmen aus den Schulbudgets liegen und Projekte dazu angeboten werden. Ich glaube auch, dass die Eigenverantwortung den Schulen die Möglichkeit gibt, demokratische Prozesse im Kleinen einzuüben. Denn was mit dem Schulbudget gekauft wird, muss gut überlegt sein.
J. F. Kennedy hat einmal gesagt: „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“ Sehen Sie das auch so?
Bildung ist nicht nur eine Pflicht. Sie ist die Zukunft unserer Kinder. Deshalb müssen wir weiterhin viel Geld in Kitas und Schulen investieren: Neubauten, Sanierungen, Erweiterungen, mehr Lehr- und Erziehungspersonal. Denn unsere Region wächst – und damit auch der Bedarf an guter Betreuung und Bildung. Seit 2018 ist das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung beitragsfrei. Seit dem 01. August 2023 ist auch das vorletzte Kindergartenjahr beitragsfrei. Und es geht weiter: Ab August 2024 entfallen die Elternbeiträge komplett bis zur Einschulung, wenn das Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat. Rund 79.000 Brandenburger Kinder werden dann beitragsfrei den Kindergarten besuchen. Wichtig ist natürlich auch eine gute Betreuung. Vor nicht allzu langer Zeit war ein Erzieher für 14 Kinder zuständig. Heute betreut eine Erzieherin oder ein Erzieher zehn Kinder. Das ist ein großer Fortschritt! Wie in allen Bereichen gibt es jedoch auch hier einen Fachkräftemangel.
Wie stehen Sie zur Verlängerung der S-Bahn von Teltow nach Stahnsdorf?
Das Projekt der S-Bahnverlängerung hat meine volle Unterstützung. Ich freue mich, dass wir da jetzt vorankommen, auch auf kommunaler Ebene. Nur mit einem attraktiven Angebot bringen wir die Menschen dazu, ihr Auto stehen zu lassen und auf den Öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen. In diesem Zusammenhang sollte unbedingt auch die Stammbahn-Reaktivierung genannt werden. Zusammen mit der S-Bahn- Verlängerung wird sie die Mobilität in der Region maßgeblich voranbringen. Dafür gibt es das Projekt i2030. Die Taktverdichtung des RE 7 mit dem Halt Potsdam / Rehbrücke hat beispielsweise zu einer erheblichen Verbesserung für die Pendlerinnen und Pendler aus Nuthetal geführt. Für die Zukunft gilt es deshalb, ÖPNV noch mehr als Daseinsvorsorge zu begreifen, jedes Zögern zu überwinden und den Ausbau weiter voranzutreiben! Mit dem 49-Euro-Ticket wurde gemeinsam mit dem Bund ein großer sozial- und verkehrspolitischer Schritt getan. Wir müssen dieses Ticket nun weiterentwickeln und bundeseinheitlich gestalten. Vor allem für die Nutzerinnen und Nutzer im Speckgürtel ist dies wichtig. Auch ein günstigeres Sozialticket für Menschen mit geringerem Einkommen muss als SPD-Fraktion unser Ziel sein!
Es gibt auch eine Bürgerinitiative gegen die S-Bahn-Verlängerung.
Die Eingriffe in die Umwelt und die Kommunikation mit den Menschen vor Ort sind bei der Umsetzung eines solchen Projektes entscheidend. Ich kann die Einwände der Bürgerinitiative bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber wir sehen jeden Morgen an den verstopften Straßen, wie wichtig die S-Bahn-Verlängerung für die Region ist. Es ist unsere Aufgabe, die Eingriffe in die Natur so gering wie möglich zu halten. Damit können wir vielleicht auch Skeptikerinnen und Skeptiker überzeugen.
2024 ist ein Superwahljahr. Wie erleben Sie den Wahlkampf?
Chancengleichheit ist das A und O einer Gesellschaft. Dafür stehen wir als Partei, das wollen wir natürlich auch in unserer Region umsetzen. In Teltow haben wir gerade das Wahlprogramm für die Kommunalwahl am 09. Juni beschlossen. Darin beschäftigen wir uns mit der Frage, wie sich unsere Stadt in den nächsten Jahren entwickeln soll. Teltow soll ein lebenswerter Ort für uns alle sein, der Traditionen wahrt und offen für Neues ist, der ein Zuhause ist – unabhängig vom Einkommen oder der Herkunft, der seine grünen Oasen schützt und das Leben durch moderne Infrastruktur und Sicherheit besser macht. Auch im Superwahljahr ist es mir sehr wichtig, mit den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis im Gespräch zu sein. Ich biete seit meiner Wahl in den Landtag 2019 in allen Ortsteilen von Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal regelmäßig Sprechstunden vor Ort an. Dabei konnten schon einige größere und kleinere Probleme gelöst werden. Deswegen werde ich das Format der Sprechstunden gern weiterhin anbieten. Aber auch darüber hinaus bin ich natürlich jederzeit auf vielen Wegen erreichbar und ansprechbar.
Foto: Dirk Pagels