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„Ich plane nicht kurzfristig“ – CDU-Bürgermeisterkandidat Andre Freymuth im Interview

Am 28. September wählt Teltow in der Zeit von 08:00 bis 18:00 Uhr ein neues Stadtoberhaupt. Nach 24 Jahren wird der derzeitige Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) im Januar 2026 die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger abgeben. Für die Nachfolge bewerben sich Claudia Eller-Funke (SPD) und Andre Freymuth (CDU). Wir haben die beiden Kandidaten zu persönlichen Gesprächen getroffen, um ihre Ziele, Prioritäten und Visionen für Teltow kennenzulernen und zu erfahren, worauf sie sich in ihrer Amtszeit besonders konzentrieren möchten. Heute stellen wir Ihnen das Interview mit dem CDU-Kandidaten Andre Freymuth.

Teltower Stadt-Blatt Verlag: Mit 14 Jahren wurden Sie zum stellvertretenden Jugendbürgermeister Ihrer Heimatstadt Papenburg gewählt. Woher kommt Ihr Interesse an der Politik?

Andre Freymuth: Ich wollte schon immer mitgestalten, etwas verändern und nicht zu den Menschen gehören, die zu Hause sitzen, über alles meckern, sich aber nicht zum Handeln durchringen. Damals hatte ich die Gelegenheit, als Jugendlicher etwas für Jugendliche in Papenburg zu tun. Wir hatten ein Budget und die demokratischen Mittel, um darüber zu entscheiden, welche Veränderungen wo benötigt werden. Wir haben Konzerte organisiert, die Skaterbahn neugestaltet, einen Nachtbus organisiert die „NACHT EULE“ und die Jugenddisco unterstützt. Genau wie damals bin ich heute voller Tatendrang und bereit, Probleme anzupacken und zu lösen.

Kennen Sie die Sorgen und Ängste, die Jugendliche heute in Teltow haben?

Ich bin Vater zweier Teenager, und es gibt vieles, das Kindern und Jugendlichen hier fehlt. Es gibt beispielsweise keinen einzigen inklusiven Spielplatz oder eine Bike- oder Skateranlage. Wir haben ein Jugendzentrum, aber kein Kulturhaus, und auch das Stadtfest müssen wir erhalten. Wir haben eine gute Vereinslandschaft, und doch muss die Arbeit hier stärker unterstützt werden. Es gibt auch noch nicht das Hallenbad, über das seit Jahren nur gesprochen wird. Ich bin sicher, dass ein solches Projekt nur als gemeinsame Kraftanstrengung der Gemeinden Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow realisierbar ist und dass wir es in Angriff nehmen sollten. Warum nicht mit einem privaten Investor zusammenarbeiten? Dabei sollten wir aber auch die sozial Schwächeren nicht vergessen, die dann vergünstigten Zugang hätten, genauso wie die Schulen. Berlin beispielsweise plant, in den nächsten Jahren 20 neue Schwimmbäder nach dem Modulprinzip zu bauen. Warum nicht zusammenarbeiten?

Ihr Wahlkampfslogan lautet: „FREY DENKEN – MUTHIG HANDELN”. Was sollen die Bürgerinnen und Bürger darunter verstehen?

Es ist mehr als nur ein Wortspiel mit meinem Namen und zeigt, dass ich ein problemlösungsorientierter und pragmatischer Mensch bin. Ich kann sehr gut um die Ecke denken, denn manche Probleme lassen sich nicht durch die Brille der Verwaltung und Bürokratie lösen, sondern indem man Herausforderungen aus einem ganz neuen, unkonventionellen Blickwinkel angeht. Und dann muss man den Mut haben, diese Idee auch umzusetzen.

Ein Beispiel …

In der Stahnsdorfer Straße hinter dem TRP haben wir als Fraktion jahrelang versucht, ein Tempolimit von 50 km/h durchzusetzen, da dort bisher 80 km/h galten. Dafür haben wir immer wieder mit der Stadt und dem Bürgermeister verhandelt. Nun hat es endlich funktioniert. Wenn einem etwas wichtig ist, muss man auch dafür kämpfen.

Andre Freymuth wird von der FDP Teltow, der BFB Teltow und den BVB / Freien Wählern unterstützt.

In Ihrem Wahlprogramm plädieren Sie für eine Digitalisierung der Verwaltung mit Sinn und Verstand.

Die Stadt hat bereits Schritte in Richtung Digitalisierung unternommen. Dazu gehören die neue Website und die neue Stadt-App. Es geht aber nicht nur um die Einführung neuer Technologien, sondern auch um die Anpassung von Prozessen, die Stärkung der Mitarbeiter mit den Lösungen und die Schaffung einer offenen, bürgernahen Verwaltung. Digitalisierung macht nur Sinn, wenn sie auch an der richtigen Stelle eingesetzt wird. Zwar sind Apps und QR-Codes schön, aber für viele Seniorinnen und Senioren z. B. ist es schwierig, auf nicht-digitalem Weg an Freizeitangebote oder Informationen zu gelangen. Warum richten wir kein Info- oder Sorgentelefon ein, unter dem Menschen anrufen können, um Informationen und Hilfe zu erhalten? Genauso finde ich es schade, dass es das gedruckte Amtsblatt als Informationsquelle nicht mehr gibt.

Welches sind Ihre Prioritäten?

Zunächst möchte ich mir einen Überblick über die Verwaltung verschaffen und genau verstehen, woran wer arbeitet. Ich glaube, dass viele Probleme darauf zurückzuführen sind, dass nie ausreichend Zeit vorhanden ist, um Projekte von A bis Z durchzudenken und durchzuführen. Zu den ersten konkreten Problemen, die ich zügig angehen möchte, gehört die Kreuzung nach der Knesebeckbrücke. Hierfür müssen wir mit dem Bezirk Steglitz-­Zehlendorf zusammenarbeiten. Es kann nicht sein, dass sich der Verkehr bis Großbeeren staut. Eine weitere Priorität sind unsere Seniorinnen und Senioren. In der Stadt gibt es wertvolle Einrichtungen, die wir erhalten müssen, beispielsweise die Pflege vor Ort, das Familienzentrum und das Mehrgenerationenhaus ­Philantow oder die Akademie 2. Lebenshälfte. Meine Politik zielt auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Sicherheit in jedem Alter ab. Dazu gehören die Verbesserung der Pflegeinfrastruktur, die Förderung von altersgerechtem Wohnraum, die Unterstützung pflegender Angehöriger und die Schaffung von Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Ohne eine starke lokale Wirtschaft hat die Stadt kein Geld, um Projekte in Angriff zu nehmen. Was ist da Ihr Plan?

Es muss einen Kreis des Vertrauens geben, in dem Politik, Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft zusammenkommen. Das Rathaus sollte mehr sein als nur ein Ort, den man aufsucht, wenn man einen Personalausweis benötigt. Das Rathaus sollte jedes Unternehmen, das sich hier ansiedelt, begrüßen, so wie wir es mit Neugeborenen tun. Es sollte der neuen Firma das Signal geben: Wenden Sie sich an die und die Person im Rathaus, wenn Sie etwas brauchen – wir sind für Sie da. Als Bürgermeister möchte ich die großen und kleinen Unternehmen besuchen und kennenlernen, um zu erfahren, wo der Schuh drückt und wie wir als Stadt helfen können. Alternativ möchte ich sie regelmäßig ins Rathaus einladen, um Kontakte zu vermitteln. Es ist auch sehr wichtig, die Gewerbesteuer nicht einfach nur zu erhöhen. Das bringt kurzfristig Geld in die Stadtkasse, aber wer kurzfristig plant, zieht am Ende auch den Kürzeren. Eine Kuh, die man melken will, muss man auch füttern! Ich strebe eine sehr enge Zusammenarbeit mit Stahnsdorf und Kleinmachnow an. Nur gemeinsam können wir die hier ansässige Wirtschaft erhalten und Neuansiedlungen unterstützen. Da die Grenzen der drei Gemeinden mittlerweile fließend sind, könnten wir die Kompetenzen und Schwerpunkte doch unter den drei Gemeinden aufteilen!

Haben die Menschen das Vertrauen in die Stadtverwaltung verloren?

Das ist vielleicht etwas hart ausgedrückt. Ich habe im Wahlkampf mit Menschen gesprochen, die meinten, die im Rathaus kochen ja sowieso nur ihr eigenes Süppchen. Diese Einstellung gibt mir zu denken, denn wir können nur als Gemeinschaft vorankommen. Abgehobene Politiker und Verwaltung sind nicht die Antwort auf die Probleme, die wir derzeit haben. Die Menschen wünschen sich frischen Wind im Rathaus statt „Weiter so”.

Viele beklagen, dass Teltow komplett zugebaut wird. Wie stehen Sie dazu?

Entscheidend ist, was, wie und wo gebaut wird. Wir brauchen nicht nur sozialen Wohnraum, sondern auch bezahlbaren Wohnraum, insbesondere für junge Leute. Damit wirken wir auch der Abwanderung der Jugend entgegen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass man manche vorhandenen Gebäude aufstocken sollte. Wir müssen auch nicht auf den ohnehin schon wenigen Grünflächen bauen, sondern wenn schon, dann auf den ehemaligen Industriegeländen. Und alles, was wir neu bauen, muss inklusiv und barrierefrei sein. Dazu gehören auch vernünftige Gehwege, auf denen man mit dem Rollator vorankommen kann. Doch müssen wir auch erst einmal ­Teltows Wachstumsschmerzen der letzten Jahre abarbeiten, was Infrastruktur angeht. Zusätzlich müssen wir für die Zukunft bauen. Dazu gehören zum Beispiel begrünte Fassaden und Flachdächer. Die Vorteile von solchen Maßnahmen müssen den Menschen jedoch erklärt und nicht aufgezwungen werden. „Friss oder stirb” ist keine Option für mich.

Foto: Fotostudio Teltow