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„Jeder greift die Kleinsten, denn sie sind die Feinsten“ – Seine Majestät Friedrich II. von Preußen eröffnet die 26. Rübchensaison

Das Wetter war perfekt für den ersten Anstich eines Teltower Rübchens: Bei strahlend blauem Himmel ohne eine einzige Wolke hieß Tina Reich, Vorsitzende des Vereins „Teltower Rübchen e.V.“, die Gäste und Unterstützer des berühmten Rübchens willkommen. Gekommen waren auch der noch amtierende Bürgermeister Thomas Schmidt und die beiden Bürgermeister-Kandidaten Claudia Eller-Funke und Andre Freymuth.

Tina Reich freute sich über die vielen Unterstützer und dankte Bernd Blankenburg für die Zurverfügungstellung des Equipments. Besonders freue sie sich über die neue Kooperation mit dem Verein „pro agro“, der sich für die Vernetzung und Vermarktung regionaler Produkte in Brandenburg einsetzt. Außerdem habe man Anfang des Jahres Kontakt zum polnischen Rübchenverein knüpfen können. Dann übergab sie das Wort an den „Alten Fritz“ alias Hermann Lamprecht, der mal wieder in die Rolle des Preußenkönigs geschlüpft war. Nachdem er ein wenig aus seinem Leben geplaudert hatte, eröffnete er die Rübchensaison mit den Worten: „Seien Sie fröhlich, lächeln und genießen Sie!“

Wettergott war dem Rübchen gnädig

In diesem Jahr fand der erste Anstich auf dem Feld des Rübchenbauern Axel Szilleweit statt. Nach der Qualität der diesjährigen Ernte gefragt, antwortete er: „Das war perfekt. Im Frühjahr war es ja extrem trocken, aber mit der Saat im Juli wurde es feucht und regnerisch, genauso, wie es die Rübe braucht.“ In der Tat sehen die ersten Früchte, die er an seinem Stand ausgestellt hat, schön groß und gleichmäßig aus.

Dann war der große Augenblick gekommen: Wir begleiten ihn und Tina Reich aufs Feld, wo er zunächst das Netz – Schutz gegen die Kohlfliege – ein wenig zur Seite schiebt. Dann setzt der Rübchenbauer einen Spaten an und schon erblickte das etwa zehn Zentimeter lange Rübchen das Licht der Welt. Die Aussaat fand vor zirka 7 Wochen statt. Nach wie vor muss jede einzelne Frucht mit der Hand geerntet werden.

Danach ging es zum gemütlichen Teil über. Für das leibliche Wohl sorgte Teltows anderer Rübchenbauer Ronny Schärecke am Grill und verkostete Rübchenbratwurst im Brötchen vom Metzger Kaplick aus Alt-Borg. Dazu gab es Rübchensenf aus dem Hofladen von Jens Grabow. Dieser war auch noch mit weiteren Rübchenprodukten anwesend, zum Beispiel mit Rübchengeist, Likör, Ketchup, Senf und Marmelade aus Rübchen.

Anbau und Ernte

Teltower Rübchen gedeihen besonders gut auf sandigen, mageren Böden. In der Gegend in und um Teltow sollen sie das beste Aroma entwickeln, daher der Name.

Früher galt das Mini-Rübchen als Arme-Leute-Essen. Es wurde im Juli ausgesät, um im Herbst und Winter nach dem Getreide noch eine zweite Ernte einfahren zu können. Im Laufe der Jahre verschwand das Gemüse von unseren Äckern. Das hatte auch damit zu tun, dass die Ernte sehr arbeitsintensiv war – und ist. Die Rübchen sind sehr verwurzelt und krallen sich regelrecht in die Erde, was zur Folge hat, dass sie mühsam ausgegraben werden müssen.

Ein weiterer Grund für den Niedergang war die Ansiedlung von Industrie in Teltow. Das absorbierte Arbeitskräfte und Flächen. Nach dem 2. Weltkrieg änderte sich die Situation noch einmal grundlegend: Die Kollektivierung der Landwirtschaft, verordnet durch die DDR-Regierung, setzte auf Planerfüllung und große Anbauflächen, die mit Maschinen bewirtschaftet werden konnten.

Aber glücklicherweise retteten einige Hobbygärtner den Samen für den Eigenbedarf. Dank dem Trend zu regionalen Lebensmitteln erobert sich die Märkische Rübe inzwischen wieder Stück für Stück einen Platz auf unseren Speisekarten zurück.  Auf der Grünen Woche 1999 wurden die Rübchen erstmals wieder präsentiert.

Am Sonntag steigt das alljährliche große Rübchenfest für die ganze Familie

Das ist auch ein Verdienst des Fördervereins für das Teltower Rübchen e.V., der sich 1998 gründete und sich für die Wahrung des Warenzeichens und die Wiederausbreitung der Speiserübe einsetzt. Auch organisiert er das jährliche Rübchenfest in Ruhlsdorf entlang der Güterfelder Straße. Am nächsten Sonntag, 28. September, ist es wieder soweit! Neben einem umfangreichen Unterhaltungs- und Bühnenprogramm wartet auf die Besucher Traditionshandwerk aus der Region und natürlich Leckeres vom Rübchen!

Fotos: Elisabeth Kaufmann