
Ein neues Domizil für die Freiwillige Feuerwehr Stahnsdorf
Die seit dem Pfingstwochenende in Betrieb befindliche Feuerwache Stahnsdorf wird am 27. September, nun auch offiziell eingeweiht. Von 11:00 Uhr bis 18:00 Uhr können die Bürgerinnen und Bürger das Festgelände Annastraße 5 im Rahmen von Rundgängen erkunden.
Am diesjährigen Pfingstwochenende war es endlich soweit: Die Freiwillige Feuerwehr Stahnsdorf konnte ins neu errichtete Gebäude neben dem Rathaus in der Annastraße umziehen. Vorausgegangen waren jahrelange Diskussionen um den Standort, den Umfang und die Finanzierung des Vorhabens – immerhin war bereits 2011 vom damaligen Ortswehrführer angeregt worden, am jetzigen Standort eine neue Wache zu errichten. Wie der fertiggestellte Bau nun aussieht, konnten wir vor Ort erleben. Doch auch die bewegte Geschichte der Stahnsdorfer Feuerwehr ist interessant.
Als vor 200 Jahren, im Jahre 1825, die Scheune und das Stallgebäude des Stahnsdorfer Pfarrgehöfts – und tags darauf ein Bauernhaus – durch Brandstiftung Opfer der Flammen wurden, mussten noch alle männlichen Einwohner mit Löscheimern, Feuerhaken und Feuerpatschen ausrücken. Zu dem Zeitpunkt hatte der damalige Nachbarort Schenkenhorst mehr Einwohner als Stahnsdorf, das nur gut drei Dutzend wehrbereite Männer zum Löschen einsetzen konnte – angesichts der unzureichenden Materialausstattung ein aussichtsloses Unterfangen. Als die Einwohnerzahl in den Brandenburger Gemeinden wuchs (Ende des 19. Jahrhunderts gab es immerhin schon fast 700 Stahnsdorfer), musste eine andere Lösung her: Zunächst mussten sämtliche Haus- und Grundbesitzer jährlich vier Mark in die Feuerlöschkasse einzahlen (damals viel Geld), Pferdebesitzer eine Vorspannleistung erbringen und die neu angeschafften Löschgeräte und Mannschaftswagen zum Einsatzort befördern. Die Männer, die Feuermannsdienst leisteten, mussten regelmäßig Löschübungen durchführen. Ab 1905 wurden die Gerätschaften dann in einem neuen Spritzenhaus an der Wilhelm-Külz-Straße 28 untergebracht, wo sich auch ein, zwei Arrestzellen, ein Sezierraum und die Freibank (eine Billigfleischerei) befanden. Doch die Bevölkerung wuchs weiter, was eine effektivere Brandbekämpfung nötig machte. So wurde 1911 die Freiwillige Feuerwehr Stahnsdorf gegründet, mit 500 Mark Anschubhilfe einheitliche Kleidung und Ausrüstung gekauft und die Ausbildung der Kameraden professionalisiert.


Die heutigen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr können also auf eine lange Geschichte zurückblicken, die gleichwohl nicht immer ungetrübt war. So durften die Kameraden während der NS-Zeit ihre Wehrführer nicht mehr selbst wählen, waren nur noch eine Hilfspolizeitruppe und hatten auch völlig feuerwehrfremde Tätigkeiten zu erfüllen wie beispielsweise die Teilnahme an Fahnenweihen und Parteiveranstaltungen der NSDAP. Nach dem Krieg fand dann der mühsame Wiederaufbau der Feuerwehr statt, wobei es zunächst an Ausrüstung und Fahrzeugen mangelte. Erst 1956 erhielten sie einen alten Opel als Feuerwehrwagen, 1963 einen Robur als Mannschaftswagen. Vier Jahre nach der Wende konnten die Kameraden endlich in neue Räumlichkeiten am Dorfplatz 2 umziehen. Der ehemalige Vierseithof, der das marode alte Feuerwehrdepot ersetzte, bot mehr Platz für neue Fahrzeuge und Gerätschaften sowie Schulungs- und Aufenthaltsräume. Nun gab es auch eine Jugendfeuerwehr, und ein Förderverein gründete sich, der die Schulung und Ausrüstung finanziell unterstützte. Mit der Zeit konnte der Feuerwehrfuhrpark komplett erneuert werden, was nicht nur die Einsatzbereitschaft sicherstellte, sondern auch die Zusammenarbeit mit den anderen Ortswehren und der hauptamtlichen Feuerwehr in Teltow erleichterte.
Die alte Wache am Dorfplatz, einem denkmalgeschützten Gebäude von 1897, brachte aber auch – das stellte sich mit der Zeit heraus – viele Nachteile mit sich. Die Räumlichkeiten platzten aus allen Nähten, für die Fahrzeuge gab es viel zu wenig Platz, die Tore schlossen nicht richtig, und mittlerweile mussten sich die Feuerwehrleute die Fahrzeughalle mit Ratten und Mäusen teilen – ein unhaltbarer Zustand. Dazu kam, dass durch die enorm angewachsene Einwohnerzahl große Herausforderungen auf die Feuerwehr zukamen. Als 2011 der Bau eines neuen Gebäudes in der Annastraße (neben dem Rathaus) vorgeschlagen wurde, war nicht zu ahnen, dass es noch 14 Jahre bis zur Fertigstellung dauern würde. Um den Standort wurde lange und unerbittlich gerungen, ein zwischenzeitlich ins Auge gefasster Bauplatz im Landschaftsschutzgebiet wieder verworfen, Alternativen angedacht – doch letztendlich kehrte man zum ursprünglich vorgeschlagenen Ort zurück. Nun war noch die Finanzierung zu klären, bei einer Bausumme von über 10 Millionen Euro kein leichtes Unterfangen. Angedacht waren zunächst 7,6 Millionen Euro – in der günstigsten, abgespeckten Variante –, doch alle Bauvorhaben in den letzten Jahren wurden durch Preissteigerungen teurer als geplant. Fördermittel in Höhe von 820.000 Euro vom Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg sowie 100.000 Euro vom Landkreis Potsdam-Mittelmark ermöglichten letztendlich den Neubau, den Rest finanziert die Gemeinde Stahnsdorf über Teile eines Kredits, der den Haushalt über viele Jahrzehnte belasten wird.

Doch das neue Gebäude kann sich wirklich sehen lassen – und vor allen Dingen: Es ist so geräumig und modern, dass die Stahnsdorfer Feuerwehr für die Zukunft bestens gerüstet ist. Das können wir bei unserem Besuch erfahren, bei dem uns der Ortswehrführer Sebastian Suhrmann und der Pressesprecher Stephan Reitzig begleiten. Vor den sieben geräumigen Fahrzeughallen wurden mehrere große Einsatz- und Mannschaftswagen aufgestellt, und es herrscht ein eifriges Treiben. Fleißige Helfer sind damit beschäftigt, die Ausrüstung zu kontrollieren und einsatzbereit zu machen. Die aktive Einsatzabteilung umfasst mittlerweile 34 Mitglieder, darunter sechs Frauen, die Jugendfeuerwehr hat 23 Mitglieder (drei weiblich), und in der Kinderfeuerwehr sind momentan sechs Jungen und vier Mädchen. Viele haben heute Dienst und sind für ein Gruppenfoto angetreten, aber auch jederzeit für einen Einsatz bereit.
Unter den Ehrenamtlichen sind viele junge Gesichter erkennbar, das älteste (weibliche) Mitglied ist bereits 67 Jahre alt – und noch aktiv im Einsatz. Alle Berufsgruppen sind vertreten, für ihren ehrenamtlichen Einsatz erhalten die Feuerwehrleute eine geringe Aufwandsentschädigung. Dafür müssen sie praktisch rund um die Uhr einsatzbereit sein. Die Alarmierung erfolgt über einen Pieper sowie – ganz modern – über eine App namens „Sandra“ auf den Handys, gleichzeitig akustisch und auf einer Anzeigetafel im Feuerwehrgebäude. Sebastian Suhrmann erklärt: „Wenn die Bürger die 112 wählen, geht die Alarmierung über die Regionalleitstelle in Brandenburg / Havel, wo die Einsätze disponiert werden, direkt an uns.“
Gleich nach dem Umzug hatte die Freiwillige Feuerwehr während einer Sturmlage einen Großeinsatz zu bewältigen, und gerade als wir die Fahrzeughalle besichtigen, geht eine weitere Alarmierung ein: In der Wannseestraße droht ein Baum auf die Straße zu stürzen. Schnell wird ein Wagen einsatzbereit gemacht und besetzt, und in Windeseile geht es mit Blaulicht zum Einsatz.
Währenddessen schauen wir uns weiter im Gebäude um. Die Vorteile des Neubaus werden rasch deutlich: Zahlreiche Nebenräume stehen zur Verfügung, um technische Ausrüstungen, Schläuche, Pumpen, die Notstromaggregate und eine Werkstatt unterzubringen. Jetzt sind die Stahnsdorfer Feuerwehrleute auch erstmals in der Lage, ihre verschmutzte Einsatzkleidung vor Ort zu reinigen. Außerdem gibt es endlich getrennte Ein- und Ausgänge für die Wege vor und nach den Einsätzen sowie eine Einrichtung zur Dekontamination.
An die Fahrzeughalle schließen sich auf zwei Etagen geräumige Umkleideräume und Sanitäranlagen für Männer und Frauen an, und fürs leibliche Wohl ist nun ebenfalls gesorgt. „Neben unserer großzügig bemessenen Küche befinden sich zwei bestuhlte Aufenthaltsräume, die auch für Schulungen genutzt werden. Die Trennwand kann geöffnet werden, dann hat man einen großen Saal mit viel Platz, und den brauchen wir auch dringend, zum Beispiel als Lagezentrum“, informiert uns Suhrmann. Der 37-jährige Potsdamer, der im Pflegebereich tätig ist, begann selbst zunächst bei der Jugendfeuerwehr, kam dann auf Empfehlung eines Bekannten zur Stahnsdorfer Wache und fühlt sich hier sehr wohl. Er erklärt: „Das neue Gebäude ist so bemessen, dass wir noch Potenzial nach oben haben. Neue Mitglieder sind jederzeit willkommen.“ Für Nachwuchs ist offenbar gesorgt, denn die Jugendfeuerwehr erfreut sich großer Nachfrage – dafür sorgen wohl auch die guten Kontakte zu den örtlichen Kindergärten und Schulen, die ab und zu bei der Feuerwehr zu Gast sein dürfen. Außer im Schulungsraum finden die Fortbildungen auch im Außenbereich hinter dem Parkplatz statt. Dafür wurde extra eine Lärmschutzwand errichtet, trotzdem gibt es noch Abstimmungsbedarf mit Anliegern, mit denen Feuerwehr und Gemeindeverwaltung einen aktiven Austausch planen.




Die momentane Fahrzeugausstattung setzt sich aus einem Kommandowagen, einem Mannschaftstransportfahrzeug, einem Löschgruppen-, einem Drehleiter- und einem Tragkraftspritzenfahrzeug zusammen. Man kann sich vorstellen, dass Anschaffung und Wartung dieser Spezial-fahrzeuge teuer und aufwändig sind – und so ist es auch selbstverständlich, dass nicht alle Einsätze kostenlos sein können. Die Beseitigung einer Ölspur, Baumsicherungsmaßnahmen, die Tierrettung oder andere Sonderleistungen werden nach einer festen Gebührenordnung verrechnet. Bis auf ein 20 Jahre altes Löschfahrzeug, das irgendwann ersetzt werden müsste, hat die Stahnsdorfer Feuerwehr momentan keinen Erneuerungsbedarf. Mittelfristig ist erst einmal die Güterfelder Ortsfeuerwehr dran, die unter anderem eine Hallenerweiterung für ihre Fahrzeuge benötigt. Die Freiwillige Feuerwehr Stahnsdorf hält regelmäßig gemeinsame Übungen mit den anderen Ortswehren, aber auch mit der hauptamtlichen Feuerwehr in Teltow ab. Ins neu eingerichtete „Leuchtturm“-Katastrophenschutzprogramm der Gemeinde ist die Stahnsdorfer Wache ebenfalls eingebunden.
„Ende gut – alles gut?“ Nach langer, nervenaufreibender Verzögerung und mit großem finanziellen Aufwand hat die Freiwillige Stahnsdorf endlich ein angemessenes und zeitgemäßes Domizil erhalten, in dem sie ihr ehrenamtliches Engagement effektiv zur Geltung bringen kann und von dem aus sie gut ausgerüstet und zeitnah zu ihren Einsätzen gelangt. Damit haben die Stahnsdorfer nun eine Feuerwache, die der Bevölkerungsentwicklung Rechnung trägt – und eine Feuerwehr, auf die man sich im Notfall verlassen kann.
Fotos: Mario Kacner, Gemeind Stahnsdorf, Archiv der Freiwilligen Feuerwehr Stahnsdorf