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Quo vadis, Green Park?

Ominöse Grundstücksgeschäfte und kurzfristige Kündigungen bedrohen Stahnsdorfer Unternehmen

Gestern noch mitten im täglichen Geschäft, heute schon gekündigt – so erging es kürzlich mehr als hundert Firmeneigentümern im Stahnsdorfer Gewerbeareal Green Park. Aus heiterem Himmel flatterten die Kündigungsschreiben herein und versetzten nicht wenige Unternehmer und ihre Angestellten in Panik. Die seit langer Zeit etablierten Firmen sollen bis spätestens Mitte nächsten Jahres das Gelände verlassen – Zukunft ungewiss. Doch geht das so einfach: Gebäudeabriss und Bau eines großen Logistikzentrums? Werden die Stahnsdorfer sich das gefallen lassen? Wir fragten nach.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten vor 20 Jahren ein Unternehmen gegründet und dafür passende Räumlichkeiten im Stahnsdorfer Green Park gefunden. Die Miete war vergleichsweise günstig, aber Sie mussten eine sechsstellige Summe investieren, um die Geschäftsräume überhaupt für Ihre Zwecke nutzbar zu machen. Nie im Leben hätten Sie damit gerechnet, vom Vermieter – der bezüglich Ihrer Investitionen voll im Bilde war – kurzfristig gekündigt zu werden, zumal dieser auf dem Gelände jüngst noch Instandsetzungen durchgeführt hatte. Nach so langer Zeit wäre Ihnen dann plötzlich ein Kündigungsschreiben ins Haus geflattert, das den Mietvertrag im Nachhinein wegen eines angeblichen Formfehlers für ungültig erklärt und daher das Vertragsverhältnis kurzfristig beendet. Dagegen rechtliche Schritte unternehmen – teuer und möglicherweise riskant. Neue Räumlichkeiten im Ort finden – geradezu aussichtslos. Geschäftsräume im weiteren Umkreis mieten – viel teurer, rechnet sich nicht. Also das Unternehmen schließen und alle Angestellten entlassen? Kaum jemand würde sich gern von seinem Lebenswerk und denjenigen, die es vielleicht schon seit vielen Jahren in Gang gehalten haben, trennen. Berufliche oder unternehmerische Alternativen – in absehbarer Zeit: Fehlanzeige. Welch frustrierende und möglicherweise sogar aussichtslose Situation! Und doch für mehr als hundert teils alteingesessene Stahnsdorfer Unternehmer und ihre 500 Mitarbeiter die bittere Realität.

„Die Mietverträge wurden wegen angeblicher Formfehler für nichtig erklärt und formal gekündigt“ berichtet Olaf Binek, Vorstandsvorsitzender des Gewerbevereins Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf, der einige der Betroffenen vertritt und befürchtet, dass die Pläne zur Schließung derjenigen Unternehmen führen, die sich bisher nur wegen der niedrigen Mieten über Wasser gehalten hatten.

Olaf Binek Foto: Mario Kacner

Befremdlich ist dabei, dass offenbar jeder Mietvertrag andere Fehler aufweisen soll und sich daraus unterschiedliche Kündigungsfristen ergeben. Merkwürdig sind auch die internen Firmenverflechtungen des Grundstückseigentümers, der Streletzki-Gruppe, denn die Kündigungen hängen wohl gleichzeitig mit einer internen Eigentumsumschichtung zusammen. Gern hätten wir mehr über die Beweggründe und Pläne dieser Firma erfahren, aber auf Mailanfragen reagierte das Unternehmen nicht.

Wir versuchten es weiter mit Kontaktaufnahmen, diesmal zum Unternehmen Prologis, das bereits Pläne betreffs einer Übernahme des Geländes, Abriss der alten Gebäude und Bau eines großen Logistikzentrums entwickelt hat. Auch diese Firma, die weltweit aufgestellt ist und hohe Vermietungsquoten ausweist, schweigt. Im Umlauf ist jedoch eine Präsentation, die bereits konkrete Visualisationen beinhaltet – die man wohl kaum anfertigen lassen würde, wenn man nicht bereits eng in die Realisierung eingebunden wäre. Da Prologis nicht auf unsere Mails reagierte, in denen wir unter anderem um eine Abdruckgenehmigung für die Planzeichnungen baten, können wir an dieser Stelle nur beschreiben, wie man sich die zukünftige Bebauung vorstellt, wobei offenbar bereits mögliche Nutzer anvisiert wurden. Die Visualisierung zeigt ähnlich große Gewerbebauten, wie sie von Prologis bereits an anderen deutschen Standorten errichtet wurden: Riesige Logistikhallen, ein Bürogebäude und ein Parkhaus sollen das zukünftige Ensemble bilden und damit insgesamt 97.000 qm Mietfläche zur Verfügung stehen. Dabei wird mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz geworben: u.a. eine PV-Anlage, energieeffiziente Gebäudetechnik mit smarter Steuerung, Regenwassersammlung und Ladestationen werden angekündigt – wie man die riesigen Hallen beheizen will, wird jedoch nicht erwähnt. Auf jeden Fall tritt durch die mächtigen Bauten eine enorme Flächenversiegelung ein, so dass der Name „Green Park“, der bis jetzt durch die lockere Bebauung und die eingebundene Vegetation durchaus gerechtfertigt ist, kaum mehr zutreffend wäre. Wenn man Büsche und Bäume entfernt, nutzt das weder dem Klima noch dem Wohnumfeld, und selbst wenn man nach dem Gebäudekahlschlag und anschließender Mega-Baustelle mit einer Baumpflanzung auf begrenztem Gebiet beginnt, würde es Jahrzehnte dauern, bis diese einen spürbaren, wenn auch geringen klimatischen Beitrag liefern könnte. „Greenwashing“ statt „Green Park“ also? Abgesehen davon kann man über die Ästhetik großer Logistikhallen streiten, die landschaftlich auf jeden Fall präsenter wären als die bisherigen Bauten, die sich dezent hinter den Bäumen verstecken.

Bild: KI/ MK

Olaf Binek sieht das Hauptproblem beim Verkehr, wenn die Pläne für ein Logistikzentrum tatsächlich umgesetzt würden: „Der Standort ist dafür denkbar ungeeignet, für die Verkehrsanbindung gäbe es geeignetere Gewerbegebiete.“ Und tatsächlich mag man sich kaum vorstellen, dass dauernd riesige LKW vorbei an Wohnhäusern durch die Ruhlsdorfer Straße (die nicht im besten Zustand ist) donnern und an der unfallträchtigen Kreuzung Quermate zur L77 abbiegen oder zur Kreuzung am Stahnsdorfer Hof fahren, die jetzt schon überlastet ist. Auch die Ansiedlung von Logistikunternehmen an sich beurteilt Binek kritisch, so bezweifelt er, dass die von Prologis genannten Firmen wie DHL oder Amazon tatsächlich Interesse an einer Ansiedlung hätten, zumal DHL bereits nebenan ein Gelände besitzt. „Was uns als Gewerbeverein besorgt ist auch die Tatsache, dass man hier mit fehlender Transparenz vorgeht und uns nicht auf Augenhöhe begegnet.“ Daher hofft er, dass sich die Politik einschaltet, um den bisher nicht verhandlungsbereiten Grundstückseigentümer von einer alternativen Nutzung zu überzeugen. „Dass die Bestandsgebäude sanierungsbedürftig sind, ist unbestritten, aber es sollte doch möglich sein, konstruktive Lösungen zu finden.“

Auch die Gemeinde Stahnsdorf ist besorgt – einerseits, weil in Zukunft Gewerbesteuereinnahmen entfallen könnten, andererseits gibt es weitere Bedenken: „Die grundsätzlichen Vorstellungen zur Entwicklung eines Logistikzentrums wurden im Ausschuss für Bau, Verkehr und Umwelt am 12. Juni 2025 von Vertretern der Green Park GmbH öffentlich vorgestellt. Bereits damals herrschte sowohl bei den Ausschussmitgliedern als auch bei der Verwaltung Skepsis bezüglich der Realisierbarkeit des Vorhabens ohne einen Bebauungsplan. Übereinstimmend mit der zuständigen Kreisverwaltung beurteilt die Gemeindeverwaltung Veränderungen im Green Park nur dann für zulässig, wenn sie auf der Grundlage eines Bebauungsplanverfahrens erfolgen, das wiederum die Mitbestimmung der Gemeindevertretung sichert. Ob ein solches Verfahren durchgeführt wird, ist offen. Umso mehr erstaunen die ausgesprochenen Kündigungen.“ Außerdem: „Stahnsdorf verfügt mit DHL in der Ruhlsdorfer Straße bereits über ein Logistikzentrum, das erheblichen Verkehr rund um die Uhr erzeugt. Beim Bau der (rückwärtig benachbarten) Martin-Gürtler-Straße im neuen Gewerbegebiet am Grünen Weg hatte sich die Streletzki-Gruppe vehement gegen einen Anschluss an die Martin-Gürtler-Straße gewehrt, was dazu führte, dass dieser nicht hergestellt wurde.“ Den Grundstücksverkauf kann die Gemeinde indes nicht verhindern oder gar ein Vorkaufsrecht geltend machen – dafür fehlten auch die Mittel. Da bleibt nur übrig, die bisherigen Mieter zu unterstützen: „Die Wirtschaftsförderung der Gemeinde hat, als sie von Kündigungen durch den Vermieter Green Park GmbH erfuhr, mit Schreiben vom 18. September 2025 und 26. September 2025 allen dortigen Gewerbetreibenden ihre Hilfe bei der Suche nach Ersatzflächen angeboten und Bedarfe abgefragt. Sie vermittelt auf Anfrage Kontakte zu privaten Eigentümern von Gewerbeflächen, darunter jene des ehemaligen Telekom-Geländes, sowie zur Wirtschaftsförderung des Landkreises Potsdam-Mittelmark.“

Da bleibt nur zu hoffen, dass Eigentümer und Projektplaner sich doch noch dazu durchringen, konstruktive Gespräche mit den Beteiligten zu führen und die Interessen der Stahnsdorfer mit zu berücksichtigen.