Berlin: Bundesverfassungsgericht kippt Mietendeckel
Seit Februar 2020 galt in Berlin der vom Senat verabschiedete „Mietendeckel“. 284 Bundestagsabgeordnete von Union und FDP sahen darin einen unzulässigen Eingriff in geltendes Bundesrecht und klagten vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses kippte nun die Regelung.
Der Berliner Mietendeckel ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Entscheidung hat das Karlsruher Bundesverfassungsgericht am Donnerstag (15. April) verkündet. Nach Auffassung der Richter hat das Land Berlin keine Kompetenz für eine eigene mietenrechtliche Regelung, weil der Bund davon schon abschließend Gebrauch gemacht habe. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Vorschriften des Mietendeckels ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nichtig. Für die Mieter bedeutet dies, dass sie wieder die mit ihren Vermietern auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vereinbarten Mieten zu entrichten und gegebenenfalls auch die Differenz zwischen der Mietendeckelmiete und der Vertragsmiete nachzahlen müssen.
Der Mietendeckel galt seit 23. Februar 2020 für 1,5 Millionen Wohnungen in Berlin und war auf fünf Jahre angelegt. In einem ersten Schritt waren die Mieten zunächst auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 eingefroren worden. Nach einem zweiten Schritt, der am 23. November 2020 wirksam wurde, mussten Vermieter Mieten absenken, die als überhöht galten. Für die Wiedervermietung galten neu definierte Mietobergrenzen.
Die Berliner Koalition berief sich mit dem Mietendeckel auf die Föderalismusreform von 2006, bei der den Ländern die Zuständigkeit für das Wohnungswesen zugewiesen wurde. Kritiker der Regelung sahen dagegen keine Kompetenz des Landes dafür – darunter 284 Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU und FDP, die den Mietendeckel mit einem Normenkontrollantrag vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen ließen und nun damit sein Ende mit herbeiführten. Außer den Bundestagsabgeordneten der Union und der FDP hatten auch mehrere Gerichte den Mietendeckel auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen lassen. Der Berliner Senat will sich am Dienstag mit den Folgen des Karlsruher Urteils befassen.
Wie reagieren die Vermieter?
Die großen Vermieter reagieren unterschiedlich auf die Entscheidung. Vonovia, das größte börsennotierte Wohnungsunternehmen in Deutschland, erklärte, keine Nachzahlungen einzufordern: „Vonovia verzichtet auf Mietnachforderungen, da es eine Vielzahl von Mieterinnen und Mietern gibt, die nicht dem Rat der Politik gefolgt sind und die gesparte Miete zur Seite gelegt haben“, sagte Unternehmenschef Rolf Buch. Es handele sich dabei um bis zu zehn Millionen Euro. Mit der Zusage an die Mieter setze das Unternehmen „ebenfalls ein Signal, dass es keine weitere Eskalation rund um bezahlbares Wohnen in der Hauptstadt geben darf“, erklärte Buch – eine Anspielung auf die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“, die per Volksbegehren Bestände von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaften will. Dazu gehört die Vonovia, die gut 40.000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzt.
Die Deutsche Wohnen, mit rund 110.000 Wohnungen größter privater Vermieter in Berlin und bundesweit das zweitgrößte börsennotierte Unternehmen, verzichtet anders als die Vonovia nicht grundsätzlich auf Nachzahlungen, macht diese aber davon abhängig, ob die Mieter finanziell dazu in der Lage sind. Es gelte das Versprechen: „Keine Mieterin und kein Mieter der Deutsche Wohnen wird durch die Entscheidung die Wohnung verlieren, wir werden mit dem größten sozialen Verantwortungsbewusstsein vorgehen”, teilte das Unternehmen mit. Für die Begleichung des Restbetrags der fälligen Miete biete die Deutsche Wohnen unterschiedliche Möglichkeiten an: von Einmal- über Ratenzahlungen bis hin zu Stundungen. Bei sozialen Härtefällen werde das Unternehmen gemeinsam mit den Mietern „individuelle Lösungen finden“.
Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen Degewo, Gewobag, Howoge, Gesobau, Stadt und Land sowie die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) werden laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung keine Rückforderungen stellen. Das kommt nicht überraschend, entlastet die Mieter aber deutlich. Die Unternehmen besitzen rund 336.000 Wohnungen in Berlin. ph
Bild: Philipp Hochbaum