
Scheidung mit Haus
In Deutschland wird etwa jede dritte Ehe geschieden. Besonders komplex wird es, wenn gemeinsames Wohneigentum betroffen ist – denn Immobilien zählen in der Regel zu den größten finanziellen Verpflichtungen eines Paares. Im Trennungsfall stellt sich dann die Frage: Was passiert mit dem gemeinsamen Haus oder der Wohnung? Was wird aus dem laufenden Kredit?
Ein Eigenheim ist für viele Paare die größte gemeinsame Investition – doch was, wenn die Beziehung scheitert? Verkaufen, behalten oder den Partner auszahlen? Und was bedeutet das für einen laufenden Kredit? Sandra Leifeld, Rechtsexpertin der Bausparkasse Schwäbisch Hall, gibt einen Überblick über die wichtigsten Optionen im Scheidungsfall und erklärt, worauf Paare bei gemeinsamen Immobilien achten sollten.
Rechtliche Grundlagen: Scheidung mit und ohne Ehevertrag
Bei einer Scheidung hängt der Umgang mit gemeinsamem Wohneigentum vom rechtlichen Rahmen ab. Ohne Ehevertrag gilt die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand. Vermögen, das während der Ehe aufgebaut wurde, zählt als gemeinsamer Zugewinn. Bei der Trennung wird verglichen, wie viel jeder Partner hinzugewonnen hat; der Partner mit dem höheren Zugewinn muss einen finanziellen Ausgleich leisten, wenn keine Ausnahme greift. Auch der Wertzuwachs einer Immobilie, die während der Ehe gekauft wurde oder im gemeinsamen Besitz ist, fließt in die Berechnung dieses Zugewinnausgleichs ein – unabhängig davon, wer im Grundbuch steht.
Mit einem Ehevertrag können Paare individuelle Regelungen treffen, die vom gesetzlichen Regelfall abweichen.
Unabhängig davon, ob ein Ehevertrag besteht, gelten bestimmte rechtliche Grundsätze: „Entscheidend für die Eigentumsverhältnisse einer Immobilie ist das Grundbuch. Eigentümer bleibt, wer dort eingetragen ist – auch nach der Trennung. Ebenso bleibt die Haftung gegenüber der Bank bestehen, wenn ein Kreditvertrag zur Finanzierung der Immobilie unterschrieben wurde“, erklärt Leifeld. Wer den Kreditvertrag unterzeichnet hat, ist auch nach der Scheidung für die Rückzahlung verantwortlich.
Was passiert mit dem Haus und dem Immobilienkredit, wenn man sich scheiden lässt?
Im Trennungsfall stehen viele Paare vor der Frage, wie sie mit der gemeinsamen Immobilie und dem laufenden Kredit umgehen sollen. Aus der Beratungspraxis ergeben sich folgende Szenarien:
▪ Verkauf der Immobilie: Am häufigsten entscheiden sich Paare im Trennungsfall für diese Möglichkeit. Der Erlös wird zwischen den Eigentümern aufgeteilt, die bestehenden Kredite in der Regel daraus getilgt. „Bei einer vorzeitigen Kreditkündigung – insbesondere innerhalb der ersten zehn Jahre – fällt oft eine Vorfälligkeitsentschädigung an. Ein Verkauf im Trennungsjahr kann helfen, finanzielle Belastungen zu reduzieren und unter Umständen einen besseren Verkaufspreis zu erzielen“, betont die Expertin.
▪ Schuldnerwechsel: Ein Partner übernimmt Haus und Kredit allein – vorausgesetzt, die Bank stimmt zu. Diese prüft die Kreditwürdigkeit des Einzelnen, was je nach vereinbarten Zinsen schwierig sein kann. Stimmt die Bank nicht zu, bleiben beide im Kreditvertrag. Klare Absprachen zur Ratenzahlung oder ein Ausgleich über den Trennungsunterhalt sind dann unverzichtbar.
▪ Gemeinsame Kreditführung: Beide Partner führen den Kredit gemeinsam weiter. Das bedeutet eine finanzielle Bindung über die Scheidung hinaus. Dafür sind Vertrauen und klare Vereinbarungen notwendig. In solchen Fällen gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Immobilie kann beispielsweise vermietet werden, um mit den Einnahmen den Kredit zu tilgen oder diese zwischen den Partnern aufzuteilen. Alternativ kann ein Partner in der Immobilie wohnen bleiben, was insbesondere bei Kindern im Haushalt sinnvoll sein kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mietfreies Wohnen als geldwerter Vorteil gilt und unterhaltsrechtliche Konsequenzen haben kann.
▪ Übertragung auf die Kinder: In Einzelfällen, etwa bei langen Ehen und gefestigten Familienstrukturen, wird die Immobilie auf die gemeinsamen Kinder übertragen.
▪ Unkonventionelle Modelle: Selten, aber möglich, sind Modelle wie die Realteilung (Umbau in zwei getrennte Wohneinheiten) oder das gemeinsame Wohnen unter einem Dach. Letzteres erfordert allerdings eine sehr stabile persönliche Basis.
Scheidung im Streit: Was passiert bei Uneinigkeit?
Nicht immer finden getrennte Paare, eine einvernehmliche Lösung für das gemeinsame Wohneigentum. Oft steht der Wunsch nach einem klaren Schlussstrich im Konflikt mit dem emotionalen Festhalten an der Immobilie. Können sich die Partner nicht einigen, bleibt als rechtlicher Ausweg die Teilungsversteigerung. Diese kann von einem der beiden Eigentümer beim Amtsgericht beantragt werden, wenn beide im Grundbuch stehen. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Zwangsversteigerung, die das Ziel hat, das Eigentum aufzulösen: Die Immobilie wird versteigert und der Erlös zwischen den Eigentümern aufgeteilt. Auch Dritte können mitbieten – oft liegt das Anfangsgebot bei nur 50 Prozent des Marktwerts. „Diese Lösung ist der letzte Schritt, wenn keine Einigung möglich ist, und bringt meist finanzielle Nachteile mit sich“, fasst die Expertin zusammen.
Scheidung mit Immobilie: Was ist steuerlich zu beachten?
Bei einer Trennung sollte auch die steuerliche Seite nicht außer Acht gelassen werden. Eine Beratung ist dabei in vielen Fällen sinnvoll. Zwei Themen, die hierbei relevant werden können:
Spekulationssteuer: Sie fällt an, wenn eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf mit Gewinn verkauft wird – es sei denn, sie wurde durchgehend selbst bewohnt. Auch bei unbebauten Grundstücken, Betriebsvermögen oder unter bestimmten Bedingungen im Zuge der Scheidung kann die Steuer anfallen.
Grunderwerbsteuer: Vorsicht ist geboten, wenn nach der Scheidung Eigentum übertragen wird. Der Tipp der Expertin: „Damit die Steuerbefreiung für Ehepartner greift, sollte die Übertragung noch während der Ehe oder im Rahmen der Scheidungsvereinbarung erfolgen.“
„Ob verheiratet oder nicht: Wer gemeinsam eine Immobilie erwirbt, sollte frühzeitig klare Regelungen treffen. Unverheiratete Paare können beim Notar festhalten, wer wie viel eingebracht hat, wem was gehört und wie im Falle einer Trennung verfahren werden soll. Für verheiratete Paare bietet ein Ehevertrag die Möglichkeit, solche Fragen verbindlich und fair zu regeln. So lässt sich im Ernstfall Streit vermeiden und eine saubere Lösung finden. Eine rechtliche und steuerliche Beratung im Vorfeld ist in jedem Fall sinnvoll“, schließt Sandra Leifeld ab.
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